Nach Veröffentlichung von Oligarchen-Video Russland sperrt Zugang zu Nawalny-Blog

Russische Internetprovider blockieren den Zugang zur Seite von Alexej Nawalny. Der Oppositionelle hatte ein heikles Treffen eines Vizepremiers mit einem Oligarchen öffentlich gemacht.

Alexej Nawalny

Donnerstag, 15.02.2018  
15:43 Uhr

Der Oppositionelle Alexej Nawalny war vorbereitet auf diesen Tag: Russische Provider haben am Donnerstag den Zugang zu seinem Blog navalny.com gesperrt. Die staatliche Internetaufsicht Roskomnadzor hatte sie dazu aufgefordert.

Nawalnys Seite ist nun für die Kunden der Telekommunikationsunternehmen Megafon, Rostelecom, MTS, Tele2 und anderen nicht mehr zu öffnen. „Bei einigen Providern öffnet sich die Seite noch, aber das ist vorübergehend“, schrieb Navalny auf Twitter.

Der Kreml-Kritiker hatte sich geweigert, seinen Blogeintrag über ein geheimes Treffen des Vizepremiers Sergej Prichodko mit dem Oligarchen Oleg Deripaska auf einer Jacht vor der norwegischen Küste zu löschen (Lesen Sie hier alle Hintergründe). Auch das Video auf seinem YouTube-Kanal will er nicht entfernen, es haben inzwischen mehr als fünf Millionen User gesehen. Der Oppositionelle ließ eine Frist der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor verstreichen, sprach von „illegaler Zensur“.

Nawalny wurde nicht zur Präsidentschaftswahl am 18. März zugelassen, nachdem er in einem fragwürdigen Prozess zu einer mehrjährigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Er ruft zum Wahlboykott auf.

Nawalny-Video auf Russisch (mit englischen Untertiteln):

Der Oppositionelle veröffentlicht immer wieder Videos, in denen er die Korruption in Russland anprangert. Er war über den Instagram-Account einer jungen belarussischen Frau, die sich Nastja Rybka nennt, ihr wirklicher Name ist Anastasia Waschukewitsch, auf die Aufnahmen von Prichodko und Deripaska gestoßen. Das Escort-Mädchen geht dort recht offen mit Bildern und Videos um, die nicht nur sie, sondern auch ihre Begleiter zeigen, die sie verführt haben will. Deripaska hatte sie nach einem Casting kennengelernt und schrieb sogar ein Buch über die Zeit mit ihm – Titel: „Tagebuch, wie man einen Milliardär verführt“.

So hatte das Call-Girl die beiden Männer auf der Jacht dabei gefilmt, wie sie über die USA sprechen. Das war im August 2016. Für Deripaska, einen der reichsten und einflussreichsten Russen, ist das heikel. US-Medien verdächtigen ihn, ein Mittler zwischen Trumps Team und dem Kreml gewesen zu sein. Im Juli 2016 hatte der ehemalige Wahlkampfmanager von Donald Trump, Paul Manafort, dem Oligarchen Deripaska nach Medienberichten in einer E-Mail private Briefings über die Wahlkampagne angeboten. Deripaska bestreitet, solche Briefings erhalten zu haben.

Doch dass er nun auf dem Boot bei einem vertraulichen Gespräch mit Prichodko, einem Vertrauten von Wladimir Putin und außenpolitischen Experten, gesehen wird, sorgte für einen Skandal. In Russland wird diskutiert, ob den beiden eine Falle gestellt wurde. Die Männer werden auf einer US-Übersicht genannt („Kreml-Bericht“), die Ziele neuer Sanktionen auflisten könnte.

Instagram löscht Bilder nach Sperrdrohung

Entsprechend reagierte der Aluminium-Tycoon Deripaska: Er sprach von einer Schmutzkampagne, sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Zudem erwirkte er eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung bei einem Gericht in der Stadt Ust Labinsk. Dort ist er gemeldet. Das Gericht verbot aber nicht nur die Verbreitung von Nawalnys Veröffentlichung, sondern auch seinen gesamten Blog.

Instagram/nastya_rybka.ru
Oleg Deripaska mit Sergej Prichodko (r.)

Durchsetzen muss den Beschluss die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor. Sie drohte nicht nur Nawalny mit Sperren, sondern auch Instagram und YouTube, sollten sie die Bilder von Deripaska und Waschukewitsch nicht aus dem Netz nehmen. Waschukewitsch hatte da bereits einen Großteil der Aufnahmen gelöscht, den Rest entfernte nun Instagram und kam damit der Forderung der russischen Behörde nach. Dies kommentierte Nawalny mit den Worten: „Schäm dich, Instagram!“.

YouTube hatte an ihn die Forderung der Behörde weitergeleitet, den Film zu entfernen. Das Video war um 16.30 Uhr Moskauer Zeit weiter zu erreichen. Die Frage ist nun, wie es weitergeht: Sperrt die Internetaufsicht Roskomnadzor den Zugang zu dem Video oder gar zu YouTube in Russland? Man stünde in Kontakt zum YouTube-Mutterkonzern Google, man gehe davon aus, dass das Unternehmen der Forderung des Gerichts nachkomme, sagte eine nicht näher genannte Quelle bei Roskomnadzor der Zeitung „Wedomosti“.

Blog unter anderer Adresse

Die Internetaufsicht ging auch gegen die wenigen russischen Medien vor, die mit Bildern über Nawalnys Recherchen berichtet hatten, darunter etwa Radio Swoboda, Mediazona oder Newsru.com. Alle haben die Aufnahmen bereits von ihren Seiten genommen. Ob diese massive Löschaktion aber dauerhaft von Erfolg sein wird, lässt sich bezweifeln. Im Internet kursieren bereits Kopien der Aufnahmen.

Nawalnys Blog war am Donnerstag weiter zu erreichen – unter einer neuen Adresse, sie hat den bezeichnenden Namen rybka.fuckrkn.org – „Rybka“ für das Call-Girl, „Fuck“ und „RKN“ für Roskomnadzor.

Quelle