Münchner Waldseemüllerkarte Berühmte Amerika-Darstellung ist gefälscht

Eine berühmte historische Karte in der Bayerischen Staatsbibliothek hat sich als Fälschung entpuppt. Auf ihr wurde vermeintlich erstmals der Name „America“ verwendet.

Bayerische Staatsbibliothek

Donnerstag, 15.02.2018  
15:06 Uhr

Anfang des 16. Jahrhunderts schrieben der Mathematiker und Geograf Martin Waldseemüller und sein Partner Matthias Ringmann Geschichte. Sie waren es, die dem neuen, von Christoph Kolumbus entdeckten Kontinent den Namen geben, den wir bis heute – in abgewandelter Schreibweise – kennen: America, nach Kolumbus Landsmann Amerigo Vespucci.

Schließlich hatte erst dieser herausgefunden, dass es sich tatsächlich um einen neuen Kontinent handelt.

Heute ist nur noch ein einziges Exemplar von der berühmten großen Waldseemüller-Karte übrig, auf der der neue Kontinent erstmals seinen heutigen Namen hat. Außerdem gibt noch fünf sogenannte Segmentkarten. Deren zwölf keilförmige Teile ließen sich ausschneiden und über einer Holzkugel zu einem Globus falten. Doch mindestens eine dieser historischen Waldseemüllerkarte ist wohl doch kein Original.

Die Preziose mit der Signatur „Mapp. I,5 ua“ ist eine wahrscheinlich vor 1960 entstandene Kopie eines Exemplars der University of Minnesota. Das hat die Bayerische Staatsbibliothek am Donnerstag mitgeteilt und sich auf eine „eingehende materialwissenschaftlichen Untersuchung“ im hausinternen Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung berufen. Zuerst hatte der „Bayerische Rundfunk“ über den Fall berichtet.

Die Staatsbibliothek hatte 1990 ein Exemplar der Weltkarte für zwei Millionen D-Mark erworben. Die Karte ist eingebunden in einen älteren Druck aus dem Jahr 1486, der zahlreiche weitere Karten enthält. „Die Echtheit des Druckes wurde zu keiner Zeit und von keiner Seite in Zweifel gezogen“, erklärt das Haus nun. Der Ankauf sei durch „umfangreiche Drittmittel“ ermöglicht worden.

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Der Verdacht einer Fälschung kam auf, als eine sechste Segmentkarte beim Auktionshaus Christie’s in London zum Verkauf angeboten wurde, zu einem Schätzpreis von 690.000 bis 1.000.000 Euro. Die Auktion wurde schließlich abgesagt – wegen Zweifeln an der Authentizität des Werks.

Vor der Versteigerung verglich das Auktionshaus die Karte auch mit dem Dokument in München. Dort folgte dann eine materialwissenschaftliche Untersuchung. Ergebnis: Beide Karten sind Nachbildungen des Exemplars in den USA. (Lesen Sie hier mehr zu dem spektakulären Fall.)

Die Münchner Karte wurde nach Angaben der Staatsbibliothek zerstörungsfrei untersucht. Das verwendete Papier zeige „die charakteristische Siebstruktur eines historischen Büttenpapiers ohne ein Wasserzeichen“. Hinweise auf eine regionale und zeitliche Einordnung gebe es daher nicht. Die Untersuchung habe sich auf die Analyse der verwendeten Druckfarbe mittels berührungsfreier spektroskopischer Techniken fokussiert.

Dabei sei man darauf gestoßen, dass das Pigment für die Druckfarbe das Element Titan enthalte. Das deute auf die Herstellung der Karte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hin. „Nach heutigem Kenntnisstand verwendete man zur Zeit von Martin Waldseemüller zu Beginn des 16. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts ausschließlich rußhaltige Druckfarbe“, so die Bibliothek.

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