Nordkorea-Konflikt Trump und Kim planen historisches Gipfeltreffen

Der US-Präsident und Nordkoreas Machthaber wollen sich spätestens im Mai treffen, um über eine Lösung des Atom-Konflikts zu sprechen. Aber gibt es wirklich Chancen auf eine rasche Einigung?

Trump und Kim

Freitag, 09.03.2018  
04:50 Uhr

Sie haben sich gegenseitig beschimpft, sie haben sich gegenseitig verspottet. Doch nun werden sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un womöglich schon spätestens im Mai zu einem der wohl außergewöhnlichsten Gipfel der jüngeren Zeitgeschichte treffen.

Erstmals wollen die Anführer der beiden verfeindeten Staaten direkt miteinander über eine mögliche Friedenslösung in dem jahrzehntealten Konflikt um Nordkorea verhandeln. Es wird das Zusammentreffen zweier extremer Charaktere, das viele Beobachter bis vor wenigen Tagen wohl niemals für möglich gehalten hätten. Alles scheint bei einem solchen Gipfel denkbar: eine schnelle, umfassende Friedenslösung bis hin zu einem diplomatischen Eklat.

Wo genau das Treffen stattfinden wird, ist nach Angaben aus dem Weißen Haus in Washington noch nicht klar. Denkbar wäre wohl eine Zusammenkunft in Pjöngjang, in Seoul oder in der demilitarisierten Zone, die seit dem Ende des Korea-Kriegs in den Fünfzigerjahren die Grenze zwischen Nord- und Südkorea markiert.

Auch US-Präsident Donald Trump machte zum genauen Ort oder zum Inhalt des Gipfels bislang keine näheren Angaben. Allerdings bestätigte er via Twitter seine generelle Absicht, mit Kim Jong Un zusammenzukommen. „Das Treffen wird geplant“, twitterte er in der Nacht.

Die Ankündigung des Zweier-Gipfels kommt völlig überraschend. Zwar hatte sich Kim Jong Un bei einem Gespräch mit hochrangigen Vertreten aus Südkorea am Dienstag dazu bereit erklärt, mit Südkoreas Präsident Moon Jae In zusammenzukommen. Aber von möglichen Gesprächen mit den USA war da nur vage die Rede.

Nun überbrachte der nationale Sicherheitsberater Südkoreas, Chung Eui Yong, Trump im Oval Office in Washington die persönliche Einladung aus Nordkorea. Gleichzeitig übermittelte er weitere Botschaften des nordkoreanischen Anführers an Trump (Chungs Erklärung im Wortlaut lesen Sie hier). Kim Jong Un ist demnach wohl zu drei wichtigen Zugeständnissen bereit:

Er will mit Trump über die vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel sprechen. Mit anderen Worten: Er wäre dazu bereit, sein Atomwaffenpotenzial abzubauen. Dies ist eine Kernforderung der Amerikaner.
Er ist für die Dauer der Gespräche mit den USA und Südkorea zu einem Stopp aller Atom- und Raketentests bereit.
Er akzeptiert, dass die USA und Südkorea weiterhin Militärübungen in Südkorea abhalten. Bislang hatte der Norden eine Einstellung dieser Übungen stets zur Voraussetzung für Gespräche erklärt.
Für Trump ist das Treffen mit Kim Jong Un Chance und Risiko zugleich. Sollte es zu einem historischen Friedensschluss kommen, wäre dies ein großer außenpolitischer Erfolg für die USA, aber vor allem für ihn persönlich. Seine Strategie, den Norden mit einer Mischung aus harten Sanktionen und lauten Drohgebärden unter Druck zu setzen, wäre dann klar aufgegangen.

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Für Kim Jong Un ist das Treffen eine Gelegenheit, um sich als starker Anführer zu präsentieren, der mit dem US-Präsidenten auf Augenhöhe verhandelt. Das allein ist für ihn schon ein Erfolg.

Zugleich könnte er versuchen, Trump zu einer Lockerung der Sanktionen und zu Milliardenhilfen für seine marode Wirtschaft zu überreden, ohne jedoch verlässliche Zugeständnisse beim Abbau seines Atompotentials zu machen. Möglicherweise spekuliert er darauf, dass Trump ihm aus Unerfahrenheit oder Eitelkeit spontan weit entgegenkommt, um das Gipfeltreffen zu einem Erfolg zu machen. Auch wird er wohl darauf hoffen, dass China Druck auf Trump ausübt, die Sanktionen rasch wieder zu lockern. Sollte sich Trump darauf einlassen, wäre für die USA kaum etwas gewonnen.

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Auf der US-Seite wird indes betont, man werde einem schwachen Deal keinesfalls zustimmen. Präsident Trump werde den Norden allein für die Bereitschaft zu verhandeln, nicht belohnen, hieß es im Weißen Haus. Dieser Fehler sei in der Vergangenheit von amerikanischer Seite zu häufig gemacht worden und habe zu keinen Ergebnissen geführt. Der Druck und die Sanktionen sollten deshalb während der nun beginnenden Gespräche unbedingt weiter aufrechterhalten werden.

Ziel der USA ist es, einen vollständigen Abbau des nordkoreanischen Atompotenzials zu erreichen. Damit dies tatsächlich auch umgesetzt wird, müsste sich Pjöngjang zu regelmäßigen internationalen Inspektionen bereit erklären. Im Gegenzug könnten die USA und Südkorea Sicherheitsgarantien für den Norden abgeben und Wirtschaftshilfen zusagen.

Trumps „Nixon goes to China“-Moment

Intern wurde im Weißen Haus wohl auch die Frage diskutiert, ob man die Einladung zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt annehmen sollte. Schließlich wäre es auch gut denkbar, zunächst nur eine Delegation aus Diplomaten zu Gesprächen mit anderen Diplomaten nach Korea zu schicken.

Doch dann entschied sich Trump für das direkte Treffen. In Nordkorea sei letztlich Kim Jong Un der Mann, der alles allein entscheide, deshalb müsse man mit ihm direkt sprechen, um Lösungen zu erreichen, lautete die Überlegung im Weißen Haus.

Ganz offenkundig hofft Trump, der selbsternannte „Dealmaker“, auch darauf, dass ihm ein Erfolg beim Gipfel dabei hilft, seine angeschlagene Popularität in der Heimat aufzubessern. Echte außenpolitische Erfolge hat er bislang nicht vorzuweisen. Manch einer in Washington spricht deshalb schon davon, Trump könnte seinen „Nixon goes to China“-Moment erleben.

In den Siebzigerjahren war der damalige US-Präsident Richard Nixon völlig überraschend nach Peking geflogen und hatte so eine Entspannung mit der damals verfeindeten Volksrepublik eingeleitet. Nixon verhalf das zu einem enormen Popularitätsschub – bis ihn dann allerdings die Watergate-Affäre aus dem Amt katapultierte.

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