Milliarden-Boni der Deutschen Bank Fettes Bleibegeld

Die Milliarden-Boni der Deutschen Bank sind keine Unverfrorenheit, sondern pure Verzweiflung. Der Konzern kann seinen Absturz nicht stoppen – und zahlt nun seinen Bankern Halteprämien, damit sie nicht zur Konkurrenz gehen.

Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt

Freitag, 16.03.2018  
15:30 Uhr

Hohe Boni trotz hoher Verluste: War die Deutsche Bank nicht schon einmal weiter? Vorstandschef John Cryan hatte im vergangenen Jahr die Gehälter gedrückt. Kurz nach seinem Amtsantritt 2015 hatte Cryan sogar öffentlich sinniert, dass Banker generell zu viel Geld verdienen würden.

Inzwischen freilich haben sich die Dinge anders entwickelt, als Cryan gehofft hat – und zwar schlechter. Denn auch nach drei Jahren im Amt bleibt die Deutsche Bank ein Sanierungsfall. In jedem seiner Amtsjahre hat der Brite nun einen Verlust melden müssen. Der Stellenabbau kommt nicht voran, im Investmentbanking fällt der Konzern inzwischen in einigen Disziplinen sogar hinter europäische Rivalen wie Barclays und Credit Suisse zurück. Die US-Konkurrenten sind ohnehin außer Reichweite. Und der Börsengang der Fondstochter DWS kommt dermaßen unambitioniert daher, dass er zwar gelingen, aber dem in der Konzernbilanz gespiegelten Wert der Sparte nicht gerecht wird. So weit, so schlecht.

Ausflucht Sonderfaktoren

Dass der Vorstand dennoch – trotz des mit 735 Millionen Euro überraschend hohen Jahresverlustes – 2,3 Milliarden Euro Bonus auszahlen wird (2016 waren es gerade einmal 546 Millionen Euro), belegt letztlich nur eines: Wie verzweifelt die Deutsche Bank um ihre verbliebenen Leistungsträger kämpfen muss, vor allem in der Kernsparte Investmentbanking. Zahlreiche „Rainmaker“, die neue Geschäfte erschließen, haben das Unternehmen schon verlassen. Die Bank blutet aus, davon zeugt auch der immer größer werdende Abstand zur Wall Street-Konkurrenz.

Dass die Deutsche Bank nicht aus ihrer Abwärtsspirale herausfindet, liegt sicher auch an der harzigen Bankenregulierung, die die europäischen Kreditinstitute härter trifft als ihre amerikanischen Wettbewerber. Und die außerordentlich hohe Sonderbelastung, die die US-Steuerreform mit sich bringt, schlug 2017 ebenfalls ins Kontor.

Irgendwelche Sonderfaktoren fallen allerdings in praktisch jedem Jahr an – und können insofern kaum als Ausrede für schwache Performance herangezogen werden. Viel schwerer wiegt, dass der Konzern unter seinem Vorstandschef Cryan keine Strategie präsentiert hat, die die Investoren überzeugt. Zudem reichen seine Anstrengungen nicht aus, die Kosten zu reduzieren, um die steil abfallenden Erträge zu kompensieren. Das – und die gewaltige Einkommenskluft zwischen Investmentbankern und dem Rest der Konzernbelegschaft – sorgt für Verdruss in den eigenen Reihen. Und dazu, dass Leistungsträger um jeden Preis gehalten werden müssen.

Dass im Gegenzug der Vorstand auf seinen eigenen Bonus verzichtet, ist nicht mehr als unbeholfene Kosmetik und fällt kaum ins Gewicht. Noch im Februar hatte Cryan formuliert, dass das Top-Management selbstverständlich auch einen Bonus verdient habe – ohne überzeugend begründen zu können, warum eigentlich. Nach dem erwartbar negativen Echo in der Öffentlichkeit ruderte der Vorstand hektisch zurück und strich seinen eigenen Bonus wieder. Der kommunikative Schlingerkurs spiegelt das strategische Hin und Her der vergangenen zehn Jahre.

Dieser Kurs ist riskant. Sollten die Erträge der Bank weiter so fallen wie bisher und der Konzern nicht endlich die Kosten in den Griff bekommen, dann könnte 2017 das letzte Jahr gewesen sein, in dem die Deutsche Bank ihre verbliebenen Starbanker mit viel Geld davon abhalten konnte, dem Unternehmen den Rücken zu kehren.

Investmentbanker halten sich nicht lange auf mit sentimentalen Gefühlen für ihren Arbeitgeber. Sie suchen nach dem Optimum – vor allem für ihre eigene Brieftasche. Vorstandschef John Cryan weiß das. Er war selbst mal Investmentbanker.

Die Belegschaft des Konzerns ist frustriert, die Investoren werden ungeduldig. Cryan läuft langsam aber sicher die Zeit davon, um Geldgeber und Banker des Unternehmens zu überzeugen, dass er noch der richtige für den Job ist.

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