Pressefreiheit Türkisches Gericht entlässt Journalist Sahin Alpay aus Untersuchungshaft

Der 73-jährige Journalist Sahin Alpay wird aus türkischer Untersuchungshaft entlassen. Nun wird er offenbar unter Hausarrest gestellt. Die Entscheidung erfolgte erst auf Druck aus dem Ausland und des türkischen Verfassungsgerichts.

Plakat mit der Aufschrift „#FreeThemAll“ und „FreeTurkeyMedia“

Freitag, 16.03.2018  
22:55 Uhr

Ein türkisches Gericht hat die Freilassung des Kolumnisten Sahin Alpay aus der Untersuchungshaft angeordnet. Der Journalist saß eineinhalb Jahre im Gefängnis und werde jetzt unter Hausarrest gestellt, berichtete der Fernsehsender CNN Türk. Das Gericht leistete damit einer Anordnung des Verfassungsgerichts Folge, das die Inhaftierung am Freitag als illegal gewertet hatte.

Das Verfassungsgericht sah in der fortgesetzten Inhaftierung des Journalisten Sahin Alpay trotz eines gegenteiligen Urteils dessen Grundrechte verletzt. Das Gericht sprach dem Mitarbeiter der inzwischen geschlossenen regierungskritischen Zeitung „Zaman“ am Freitag eine Entschädigung von 20 000 Lira (4170 Euro) zu, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Im Januar hatte das Verfassungsgericht geurteilt, die Untersuchungshaft von Alpay und dem ebenfalls klagenden Journalisten Mehmet Altan verstoße gegen das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit.

Damit hätten beide eigentlich aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen. Nach harscher Kritik der Regierung an dieser Entscheidung verweigerten untergeordnete Gerichte aber die Freilassung Alpays und Altans, wogegen beide erneut vor das Verfassungsgericht zogen. Am 16. Februar verurteilte ein Strafgericht Altan und weitere Beschuldigte wegen versuchten Umsturzes zu lebenslanger Haft. Das Verfahren gegen Alpay, dem Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen wird, lief zunächst weiter.

Auch der Europarat war eingeschaltet

Das Verfassungsgericht betonte am Freitag erneut, dass seine Urteile bindend seien. Am kommenden Dienstag befasst sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit den beiden Fällen.

Nach der Weigerung, die Entscheidung zur Freilassung umzusetzen, hatte der Europarat die Türkei zur Achtung ihres eigenen Verfassungsgerichts aufgerufen. Aus Sicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte die fortgesetzte Inhaftierung Altans und Alpays die Frage aufgeworfen, „ob die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei funktioniert“.

Die auflagenstarke Zeitung „Zaman“ war das wichtigste Medium der Gülen-Bewegung. Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Die Zeitung war bereits zuvor unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt worden. Sie wurde nach dem Putschversuch per Notstandsdekret geschlossen.

Alpay hat als Journalist stets für die Demokratie gekämpft. Er musste 1971 als radikaler Linker vor dem Militärregime fliehen, lebte im Libanon, in Schweden, kehrte schließlich in die Türkei zurück. Er blieb ein Gegner der Generäle und wurde nach dem Militärputsch 1980 vorübergehend verhaftet.

Nun wurde er mit 73 Jahren ein zweites Mal aus der Haft entlassen.

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