Lob für Bayern-Keeper Ulreich und glücklich

Der 6:2-Erfolg des FC Bayern in Leverkusen war eine Demonstration des Offensivfußballs. Im Mittelpunkt stand am Ende aber ein Torhüter: Sven Ulreich ist der Gewinner des Pokalhalbfinals.

Sven Ulreich (rechts) verhindert ein Tor

Mittwoch, 18.04.2018  
11:17 Uhr

Fußballspiele mit acht Toren sind normalerweise keine Festveranstaltungen für Torhüter. An solchen Abenden dürfen sich in der Regel die Offensivspieler als Helden feiern lassen. Doch als das spektakuläre DFB-Pokalhalbfinale in Leverkusen beendet war und die desillusionierten Verlierer verschwanden, stand plötzlich Bayern-Keeper Sven Ulreich im Rampenlicht.

Ulreich war einer der entscheidenden Spieler beim 6:2-Erfolg des FC Bayern in Leverkusen.

Der Torhüter habe beim Finaleinzug des Rekordpokalsiegers „überragend gehalten“ und ein „unglaubliches Programm hingelegt“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und leitete damit eine halbe Stunde nach dem Abpfiff die Ulreich-Schwärmereien ein. Arjen Robben sprach ein „Riesen-, Riesenkompliment an Sven“ aus, „der hat uns zwei, drei Mal gerettet“. Auch Hasan Salihamidzic hob den Torhüter aus einem auf allen Ebenen überlegenen Team hervor. „Mit dieser Entwicklung hätte keiner gerechnet, es ist unglaublich, wie er seine Stärke demonstriert“, sagte der Sportdirektor. Thomas Müller sagte, Ulreich sei sogar eine „exzellente Option“ für die Nationalmannschaft.

Die vielen Komplimente waren erstaunlich, schließlich handelte es sich nicht um einen knappen Münchner Sieg, der von einem Torhüter über die Zeit gerettet werden musste. Rummenigge sprach von einer „Demonstration der Fußballqualität, die wir im Moment haben“. Aber diese Qualität zeigte sich eben an vielen kleinen Wendepunkten.

Vor dem Münchner Tor gab es beim Stand von 1:2 einige Szenen, in denen Ulreich mehrere gefährliche Angriffe des Gegners zum Ausgleich abwehrte. Wäre Bayer in dieser Phase nach dem frühen 0:2-Rückstand ein Ausgleichstor gelungen, hätte das Duell einen ganz anderen Verlauf nehmen können. Aber solche Konjunktive sind hinfällig: Ulreich war einfach immer zur Stelle.

Tatsächlich erinnerte die Ausstrahlung des 29-Jährigen in vielen Momenten an die Präsenz, die der am Fuß verletzte Manuel Neuer in seiner Rolle als bester Keeper der Welt an guten Tagen entwickelt. Mit viel Ruhe und großer Souveränität bewegte sich Ulreich durch den Strafraum, war wie immer aktiv ins Aufbauspiel eingebunden. „Er ist da und macht Dinge, die nicht zum einfachen Torwart-ABC gehören, und da kann man auch mal Danke sagen“, sagte der dreifache Torschütze Müller, der den Platz im Rampenlicht an diesem Abend gern der eigentlichen Münchner Nummer zwei überließ.

Der Zusammenhalt scheint aktuell eine der Stärken dieses Münchner Ensembles, und natürlich wissen alle, dass Ulreich in den kommenden Wochen zu einer der tragischen Figuren des Kaders zu werden droht. Er hat einen wichtigen Beitrag zum Einzug ins Pokalfinale geleistet, wenn die Bayern ihre Form halten, haben sie auch Chancen, in den Halbfinal-Spielen gegen Real Madrid das Champions-League-Endspiel zu erreichen. Doch wenn es dann wirklich um Pokale geht, wird Ulreich wahrscheinlich wieder Neuer weichen müssen.

Der Torwartstar ist auf dem Weg der Genesung, er will unbedingt zur Weltmeisterschaft nach Russland, und in den letzten Bundesligawochen könnte er Ulreich wieder auf die Bank verdrängen. Ersatzmann Ulreich hofft aber, im Pokalfinale in der Hauptstadt im Tor zu stehen. „Ich weiß, welche Rolle ich hier habe, ich bin die Nummer zwei“, sagte der Torhüter: „Aber in Berlin wäre es für mich auch ein Erlebnis zu spielen.“ Es gibt immer wieder Spitzenmannschaften mit zwei guten Keepern im Kader, von denen der weniger prominente die Spiele im Pokalwettbewerb bestreiten darf. Dass Neuer das Endspiel freiwillig hergibt, ist jedoch unwahrscheinlich.

Aber bei der WM hätte Neuer seinen Teamkollegen aus dem Klub vermutlich schon gern dabei, diese Option dürfte für Bundestrainer Joachim Löw und seinem für die Torhüter zuständigen Kollegen Andreas Köpke nach Spielen wie diesem interessanter werden. „Das ist nicht mein Thema“, sagte Ulreich. Vielleicht ändert sich das bereits in wenigen Wochen, wenn Löw seinen Kader für die WM bekanntgibt.

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