Atomausstieg Regierung könnte Milliardenstreit mit Vattenfall gewinnen

Die Bundesregierung hat gute Chancen, einen Rechtsstreit über die Stilllegung zweier AKW des Energiekonzerns Vattenfall zu gewinnen. Hilfe kommt nach SPIEGEL-Informationen ausgerecht von der EU-Kommission.

AKW Krümmel

Freitag, 18.05.2018  
17:59 Uhr

Die Bundesregierung und die EU-Kommission haben sich in Sachen Energiepolitik schon oft gezofft. Über den Bau der russischen Pipeline Nord Stream 2 zum Beispiel. Oder über die großzügigen Ausnahmen für Industriekonzerne bei der Ökostromumlage. Nun aber könnte ausgerechnet Brüssel Berlin in einem milliardenteuren Rechtsstreit zum Sieg verhelfen. (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

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Heft 21/2018

Wie Verbrecher und Heilige eine Weltmacht schufen

Der schwedische Konzern Vattenfall hatte den deutschen Staat vor dem Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) in Washington verklagt, weil er nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima die pannenanfälligen AKW Krümmel und Brunsbüttel abgeschaltet hatte.

Vattenfall sieht darin eine Enteignung und fordert inklusive Zinsen rund 5,7 Milliarden Euro Schadensersatz. Das Unternehmen beruft sich auf die sogenannte Energiecharta, die ausländische Investitionen im europäischen Energiesektor schützen soll.

Nun gerät die Klage ins Wanken. Anfang März hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Urteile von internationalen Schiedsgerichten bei Streitigkeiten über Investitionen zwischen EU-Staaten unzulässig sind.

Das deutsche Wirtschaftsministerium hat daraufhin beantragt, die Schiedsklage der Schweden abzuweisen. Im Vattenfall-Prozess gebe es eine „vergleichbare Ausgangssituation“, argumentiert Berlin.

Die EU-Kommission hat sich nun auf Anfrage des ICSID dieser Meinung angeschlossen. Es sei nicht mit EU-Recht vereinbar, dass ein Unternehmen aus einem EU-Mitgliedsland ein anderes EU-Mitglied vor einem Schiedsgericht verklage, heißt es nach SPIEGEL-Informationen sinngemäß in einer Stellungnahme, die die EU-Kommission am 8. Mai bei dem US-Schiedsgericht eingereicht hat.

Die Kommission fungiert in dem Rechtsstreit seit 2015 als unbeteiligte Partei, die zur Frage Stellung nehmen darf, ob das Verfahren generell zulässig ist. Sie hatte bereits in einer früheren Stellungnahme die Meinung vertreten, dass dies nicht der Fall sei.

Die erneute Konsultation der Kommission durch das Schiedsgericht, wertet man in Berlin als Zeichen, dass das ICSID der EuGH-Vorgabe folgen wird.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen teilt diese Einschätzung. „Die Stellungnahme aus Brüssel könnte zum letzten Sargnagel der Vattenfall-Klage werden“, sagt Sylvia Kotting-Uhl.

Aktenzeichen: ARB/12/12 und C-284/16

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