DSGVO – EU-Parlamentsbeauftragter wirft Kritikern »Fake-News« vor

Die EU will Webseitenbetreiber verpflichten, Upload-Filter gegen Urheberrechtsverletzungen einzusetzen.

Update, 04.07. 2018: In einem Videointerview hat der EU-Parlamentsbeauftragte Axel Voss, der maßgeblich an der Arbeit des Rechtsausschusses zum Entwurf der geplanten Copyright-Richtlinie beteiligt ist, große Online-Plattformen für ihre Kampagne gegen die Urheberrechtsreform kritisiert (via Heise). Voss erklärte, die aufkeimende Kritik an der Richtlinie sei »maßlos übertrieben« und »sogar gelogen«.

Laut Voss seien die in der Richtlinie vorgesehen Maßnahmen zu vergleichen mit »einem Blitzer, der auch nur die zu schnellen Autos erkennt« – sie würden nur »die Dinge erkennen, die mit den Rechteinhabern auch mit Informationen unterlegt worden sind«.Als Antwort auf die Aussagen von Voss, die dieser auch noch einmal in einer E-Mail an diverse Kritiker formuliert hat, hat Wikimedia Deutschland in einer ausführlichen Stellungnahme erwidert, dass sich aus der neuen Richtlinie hohe und teils existenzbedrohende Schadensersatzforderungen ergeben könnten. Außerdem verwies die Plattform noch einmal auf die Gefahren der Upload-Filter für die Meinungsfreiheit.

Update, 29.06.2018: Während politische Beobachter zunächst vermutet hatten, dass die Abgeordneten des EU-Parlaments die Copyright-Reform mehrheitlich befürworten würden, scheint sich der Wind mittlerweile zu drehen. Unter anderem haben sich aktuellen Medienberichten zufolge konservative Abgeordnete aus Österreich und Italien gegen eine Verabschiedung des Gesetzesentwurfs ohne vorherige Debatte ausgesprochen.Stattdessen forderten die Abgeordneten der ÖVP eine Plenardebatte im Vorfeld der Abstimmung, die mittlerweile um zwei Tage verschoben wurde. Kommt bei dieser Abstimmung keine Mehrheit für den Entwurf des verantwortlichen Rechtsausschusses zustande, entscheidet das Parlament über mögliche Änderungen nach der Sommerpause.
Originalmeldung: Wenn es nach der EU geht, könnten Webseiten-Betreiber künftig verpflichtet werden, per Upload-Filter neue Inhalte vor dem Hochladen auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Doch gegen dieses Vorhaben formiert sich derzeit heftiger Widerstand vonseiten der IT-Branche.Laut Winfuture gehören die Filter-Pläne der EU zu einem Gesamtpaket an Reformansätzen zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt. Der gegenwärtige Entwurf zum Upload-Filter sieht vor, dass alle von externen Nutzern auf einer Webseite hochgeladenen Inhalte vor der Veröffentlichung auf eine potentielle Urheberrechtsverletzung geprüft werden müssen. Die entsprechenden Webseiten müssen dafür ein automatisiertes Filter-System beinhalten.
Präventives Blocking führt zu Beschneidung der Internetfreiheit
IT-Experten sehen bei den Plänen der EU für verpflichtende Upload-Filter ähnliche Probleme wie beim Blocking bestimmter Webseiten allgemein. In einem offenen Brief formulierten die Mitglieder des Bündnisses gegen die Bestrebungen der EU diverse Kritikpunkte: Aus Angst vor Strafmaßnahmen könnten Webseitenbetreiber einzelne Inhalte präventiv sperren, ohne im Vorfeld eine umfassende Prüfung durchzuführen – es käme zum sogenannten Overblocking. Darüber hinaus wären kleinere Webseiten gegenüber größeren Betreibern im Nachteil, weil sich finanzkräftigere Firmen bessere Filtersysteme leisten könnten. Dazu schreibt das Bündnis:
„Gerade private und ehrenamtlich betriebene Plattformen, aber auch kleine und mittlere Online-Service-Unternehmen werden einem großen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt, sofern sie den Upload von Inhalten nicht ganz unterlassen. Sie verschwinden vom oder schaffen es überhaupt nicht auf den Markt.“
Wie gut es überhaupt möglich ist, mit einem automatisierten Filter zuverlässig unbedenkliche Inhalte von solchen zu unterscheiden, die gegen das Urheberrecht verstoßen, wird aus nachvollziehbaren Gründen ebenfalls von dem Bündnis in Frage gestellt.Letztlich warnen die Unterzeichner des offenen Briefs vor den verheerenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Upload-Filter-Pflicht und sehen eine direkte Bedrohung der freien Entfaltung von Kreativität im Internet.Ob es tatsächlich zu einer Neuregelung des digitalen Urheberrechts inklusive verpflichtender Upload-Filter kommt, bleibt angesichts dieses massiven Widerstands fraglich. Schließlich erklärten auch CDU/CSU und SPD das Vorhaben in ihrem Entwurf des Koalitionsvertrags für »unverhältnismäßig«.Zu den Mitgliedern des Bündnisses gehören die folgenden Organisationen:Bitkom e. V.
Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
Wikimedia Deutschland e. V.
Bundesverband Deutsche Startups e. V.
Bundesverband Digitale Wirtschaft e. V. (BVDW)
Bundesverband IT-Mittelstand e. V. (BITMi)
Bundesverband mittelständische Wirtschaft Unternehmerverband Deutschland e. V. (BVMW)
Chaos Computer Club e. V.
D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt e. V.
Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur
Deutscher Gründerverband e. V.
Digitale Gesellschaft e. V.
eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.
Jugendpresse Deutschland e. V.
Open Knowledge Foundation Deutschland e. V.

Quelle