Überraschender Mageninhalt Singvögel – der Pausensnack für Haie

Tigerhaie gelten als Müllschlucker der Meere. Sogar Landvögel sind vor ihnen nicht sicher, konnten Forscher nun nachweisen.

Marcus Drymon/ Mississippi State University/ DPA
Wissenschaftler sammeln den Mageninhalt eines jungen Tigerhais

Dienstag, 21.05.2019  
18:45 Uhr

Wenn es um Nahrung geht, sind Tigerhaie nicht wählerisch. Sie fressen nahezu alles – sogar im Meer treibenden Müll vertilgen sie gelegentlich.

Forscher waren nun dennoch überrascht, als sie Reste von Landvögeln in Mägen von jungen Tigerhaien fanden. Die Tiere attackieren offenbar bevorzugt erschöpfte Zugvögel, die sich auf der Wasseroberfläche ausruhen. Das berichtet eine amerikanische Forschergruppe um Marcus Drymon von der Mississippi State University in der Fachzeitschrift „Ecology“.

„Wenn Tigerhaie ein leichtes Fressen finden, schnappen sie zu“, sagt Mitautor Kevin Feldheim vom Field Museum in Chicago laut einer Mitteilung des Museums. „Aber ich hatte nicht erwartet, dass die Haie Singvögel fressen – sondern vielmehr Meeresvögel.“ Dies sei der erste Nachweis, dass Tigerhaie Vögel erbeuten, die vorrangig an Land leben.

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Die Haie schlagen bei Sperlingen, Schwalben und Zaunkönige vor allem zur Zeit des Vogelzugs zu – die meisten Landvögel fallen den Tieren im Herbst und im Frühling zum Opfer. „Die Zeit, zu der wir einen bestimmten Vogel im Magen eines Hais fanden, deckte sich immer mit der Zeit, zu der diese Vogelart besonders oft vor der Küste gesichtet wurde“, so Drymon. Die Tigerhaie schnappen sich demnach jene Vögel, die es nicht mehr über den Ozean schaffen und die leichtere Beute als Seevögel sind. „Während ihrer Wanderung sind die Vögel erschöpft, sie werden müde oder fallen beispielsweise bei einem Sturm ins Meer“, fügt Feldheim hinzu.

Die Forscher untersuchten im Zeitraum von 2010 bis 2018 insgesamt 105 Haie im Golf von Mexiko. Sie fingen etwa einen Meter lange Jungtiere, pumpten ihnen den Magen aus und entließen sie dann unversehrt ins Meer. Der gesammelte Mageninhalt wurde anschließend untersucht – auch genetisch, da die Vögel oft schon teilweise verdaut und daher schwer zu identifizieren waren.

Nicht ein Meeresvogel im Magen

Von den 105 untersuchten Tieren hatten 41 Vögel gefressen. „Darunter war nicht eine Möwe, kein Pelikan, Kormoran oder sonstiger Meeresvogel“, erzählt Drymon. „Es waren ausschließlich Landvögel.“ Die Forscher konnten elf verschiedene Vogelarten identifizieren, beispielsweise Rauchschwalben, verschiedene Zaunkönige, aber auch Tauben, Spechte und Blässhühner.

Laut den Forschern wurden die Landvögel ausschließlich in den Mägen von jungen Tigerhaien gefunden. Über ausgewachsene Tiere wisse man, dass sie in einer Meeresregion vor Hawaii Jagd auf junge Albatrosse machten.

Tigerhaie werden teils über fünf Metern groß, sie leben in allen Ozeanen in tropischen und gemäßigten Küstenregionen und können auch Menschen gefährlich werden. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN werden Tigerhaie als potenziell gefährdet eingestuft.

„Alle Haie sind in Schwierigkeiten“, sagt Kevin Feldheim. „Wir wissen nicht, inwieweit die industrialisierte Fischerei ihnen zugesetzt hat, aber die Bestände der meisten großen Raubtiere sind in den letzten Jahren zurückgegangen.“ Die vorliegende Studie erlaube neue Einblicke, wie die Tigerhaie leben, und könne auch helfen, sie zu schützen.

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