Meeresspiegelanstieg Maximal 2,38 Meter bis zum Jahr 2100

Wenn nicht schnell gehandelt wird, könnten Millionen Menschen ihre Heimat verlieren, prognostizieren Forscher. Denn der Wasserspiegel der Meere steigt nach ihren Aussagen mehr als doppelt so hoch, wie bislang erwartet.

Muni Yogeshwaran/ Getty Images
„Solche Veränderungen innerhalb der nächsten 80 Jahre hätten schwerwiegende soziale Unruhen zur Folge“

Dienstag, 21.05.2019  
18:48 Uhr

Durch die Erwärmung des Klimas steigt der Meeresspiegel, da sind sich die Experten sicher. Aber über das Ausmaß gibt es unterschiedliche Prognosen. Eine neue Studie warnt nun: Bis ins Jahr 2100 könnte der Meeresspiegel um knapp 2,38 Meter steigen. Das wäre mehr als doppelt so viel, wie es der Weltklimarat IPCC in seinem fünften Schadensbericht 2013 beschrieben hatte.

Ein derart starker Anstieg des Meeresspiegels hätte verheerende Auswirkungen, schreiben die Forscher um Jonathan Bamber von der University of Bristol in der Fachzeitschrift „PNAS“.

Rund 1,79 Millionen Quadratkilometer Land könnten verloren gehen und bis zu 187 Millionen Menschen vertrieben werden. Kleine Inselstaaten im Pazifik würden überflutet und unbewohnbar. „Solche Veränderungen innerhalb der nächsten 80 Jahre hätten schwerwiegende soziale Unruhen zur Folge“, folgert Bamber.

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Für die Untersuchung hatten die Forscher eine sogenannte „structured expert judgement“-Studie durchgeführt. Bei dieser Methode werden führende Experten um ihre Einschätzung geben. In diesem Fall fassten die Forscher die Erkenntnisse und Meinungen von 22 führenden Wissenschaftlern zur klimatischen Entwicklung in Grönland und der Antarktis zusammen. Im Fokus stand dabei vor allem, wie die Eismassen dort zukünftig auf Veränderungen reagieren könnten.

Demnach wird der Meeresspiegel mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa fünf Prozent um mehr als zwei Meter steigen, wenn die Treibhausgasemissionen bis 2100 zu einer globalen Erwärmung von fünf Grad Celsius führen. Das wäre nur dann der Fall, wenn es die Weltgemeinschaft nicht schaffen würde, die derzeitigen Emissionen zu senken.

„Das ist unwahrscheinlich“, gibt Bamber zu. Auf der Klimakonferenz von Paris hatte sich die Staatengemeinschaft verpflichtet, das Ansteigen der durchschnittlichen Temperatur der Erde auf „deutlich“ unter zwei Grad Celsius zu stabilisieren und möglichst eine Temperaturgrenze von 1,5 Grad anzustreben.

Allerdings zeichnet sich schon länger ab, dass die Prognosen des Weltklimarats für 2100 korrigiert werden müssen. Der IPCC-Bericht hatte eine Zunahme von maximal 980 Millimetern prognostiziert. Schon damals hatten Forscher wie der bekannte Klimatologe Michael Mann kritisiert, der Bericht unterschlage Studien, die einen doppelt so hohen Anstieg errechnet hatten.

Immer neue Effekte der Eisschmelze

Inzwischen haben Satellitenmessdaten gezeigt, dass sich der Meeresspiegel schneller als damals erwartet anhebt. 2018 ist er laut der Weltwetter-Organisation (WMO) um 3,7 Millimeter im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das ist der höchste Stand seit dem Beginn systematischer Satellitenmessungen. Insgesamt liegt er ungefähr acht Zentimeter über dem Wert von 1993.

Zudem entdecken Forscher immer neue Effekte, die die Eisschmelze beschleunigen. In Grönland trägt neben den Gletschern, die im Westen und Norden Eisbrocken in den Atlantik spülen, beispielsweise auch Schmelzwasser im Südwesten zum Anstieg der Meeresspiegel bei.

Gerade hatte eine Studie gezeigt, dass im Sommer solche Schmelzwasserseentümpel auf der zentralen Eismasse im Landesinneren entstehen. Nach und nach werden sie größer und bilden irgendwann regelrechte Flüsse, die unabhängig von den Gletschern ins Meer fließen.

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