Ex-Torhüterin kritisiert US-Trainerin Ellis Solo von außen

Die Trainerin könne nicht führen oder mit Druck umgehen: Die frühere US-Torhüterin Hope Solo hat vor dem WM-Auftakt der USA ausgeteilt. Eine Retourkutsche wegen ihres Rauswurfs?

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Hope Solo bei Olympia 2016: „Haufen Feiglinge“

Dienstag, 11.06.2019  
16:27 Uhr

Am Abend beginnt auch für den Topfavoriten USA die Fußball-WM, und wer es mit den Amerikanerinnen hält, dem dürfte daran gelegen sein, dass sich das Team in Ruhe auf die Partie gegen Thailand vorbereiten kann (21 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE, Livestream: ZDF). Insofern kam das, was Ex-Nationalspielerin Hope Solo jüngst verbreitete, eher unerwartet.

„Sie ist keine Anführerin, so wie ich mir das wünsche“, sagte die 37-Jährige der BBC über die amerikanische Nationaltrainerin Jill Ellis. Diese verlasse sich zu sehr auf ihre Co-Trainer, zudem „kann sie mit dem Druck nicht umgehen“. Fachlich unterstellte Solo der 52-Jährigen, unzureichende Fehleranalysen zu betreiben: „Sie hat unseren Abwehrspielerinnen nicht gezeigt, welche Fehler sie gemacht haben, um ihr Selbstvertrauen nicht zu gefährden.“

Solo gehört zu den erfahrensten Spielerinnen im Weltfußball. Sie ist Weltmeisterin, Olympiasiegerin und stand in 202 Länderspielen für die USA auf dem Platz. Solo war bis zu ihrem unfreiwilligen Karriereende eine viel beachtete öffentliche Person. Sportliche Höchstleistungen, private Skandale, starke Meinungen – Solo ist ein Weltstar.

Auf die Erfolgschancen der USA bei der Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich habe Ellis‘ Schwäche jedoch keinen Einfluss, wie Solo hinterherschob. „Die Qualität der Spielerinnen ist außergewöhnlich“, sagte sie, und das sei entscheidend. Mit Weltklassespielerinnen wie Alex Morgan oder Carli Lloyd gehören die USA ganz automatisch zu den Topfavoritinnen.

Solo und der Rauswurf 2016

An anderer Stelle erzählte BBC-Kolumnistin Solo, sie werde zwar nicht auf den Platz zurückkehren, ein offizielles Karriereende habe sie jedoch nicht verkündet. „Ich bin nicht zurückgetreten, ich wurde gefeuert“, sagte sie. „Vielleicht werde ich sogar als die Einzige in die Geschichte eingehen, die gefeuert wurde und deshalb ihre Karriere beenden musste.“ Ihren Frieden hat Solo mit dieser Entscheidung noch nicht gemacht.

Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro hatten die USA im Viertelfinale gegen Schweden nach Elfmeterschießen verloren. Solo gab im Anschluss ein Interview, in dem sie die Schwedinnen wegen ihrer defensiven Spielweise als „Haufen Feiglinge“ bezeichnete. Daraufhin wurde sie im Nationalteam für sechs Monate suspendiert und auch ihr Vertrag mit dem US-Verband wurde gekündigt. Ellis, als Nachfolgerin von Pia Sundhage seit fünf Jahren in der Verantwortung, ließ es geschehen und baute mit Alyssa Naeher eine neue Nummer eins auf – statt um Solo zu kämpfen.

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US-Trainerin Jill Ellis: „Fokus liegt auf den Spielerinnen, die jetzt hier sind“

Die Trainerin reagierte gelassen auf Solos Kritik. „Mein Fokus liegt auf den Spielerinnen, die jetzt hier sind“, sagte Ellis vor dem Spiel gegen Thailand. „Kommentare von außen gehören dazu, aber ich muss mich auf die internen Dinge konzentrieren.“ Die Spielerinnen äußerten sich vor ihrem WM-Auftakt nicht, vielleicht werden sie es nach der Partie nachholen.

US-Spielerinnen können mit Solos Kritik umgehen

Doch die Kritik an der Kritik wird sich vermutlich in Grenzen halten. Mit Morgan, Lloyd und anderen Leistungsträgerinnen wie Julie Ertz oder Becky Sauerbrunn spielte Solo lange zusammen – sie kennen ihre ehemalige Torhüterin allzu gut.

Hinzu kommt, dass das US-Team Schlagzeilen gewohnt ist, auch die nicht-sportlichen. In den vergangenen Jahren war es im Umfeld des Teams zu verschiedenen Anlässen unruhig gewesen, wenn auch nicht aus den mutmaßlichen Motiven Solos, im Gegenteil. Vor Monaten verklagten die US-Nationalspielerinnen, angeführt von Megan Rapinoe, ihren Verband, um die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen zu erhalten.

Rapinoe war es auch, die sich 2016 dazu entschlossen hatte, NFL-Profi Colin Kaepernick bei seinem Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt zu unterstützen. Sie kniete sich sowohl bei einem Ligaspiel als auch bei zwei Länderspielen während der US-Hymne hin, wurde daraufhin nicht mehr berücksichtigt und erst wieder eingeladen, als der Verband den Kniefall offiziell untersagte.

Viel wurde über den Kampf der US-Frauen für Gleichberechtigung und Rapinoes Protest geschrieben, die Resultate des Teams litten darunter aber nicht. Sollte den USA in Frankreich die erfolgreiche Titelverteidigung gelingen, stünde wohl eine Einladung ins Weiße Haus an, so werden Champions dort regelmäßig geehrt. Eine solche Einladung würde sie wegen der Politik von Präsident Donald Trump ausschlagen, so Rapinoe. Sie sagte das wenige Tage vor dem Start der WM.

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