Unkrautvernichter Bayer sucht nach Glyphosat-Alternativen

Die Negativschlagzeilen über die Tochter Monsanto belasten Bayer. Nun will der Konzern Milliarden ausgeben, um Alternativen zum Pestizid Glyphosat zu erforschen. An dem Produkt hält er aber fest.

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Bayer will Glyphosat-Alternativen erforschen

Freitag, 14.06.2019  
16:38 Uhr

Bayer versucht, wieder in die Offensive zu kommen: Der Pharma- und Agrarchemiekonzern hält zwar an seinem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat fest, will aber zugleich Alternativen ausloten.

In den kommenden zehn Jahren sollen rund fünf Milliarden Euro in die Entwicklung zusätzlicher Methoden zur Unkrautbekämpfung gesteckt werden, kündigte Bayer an. Ein Konzernsprecher schränkte auf Nachfrage allerdings ein, es handele sich dabei nicht um zusätzlich bewilligtes Geld. Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat soll auch künftig eine „wichtige Rolle“ in der Produktpalette von Bayer spielen.

Bayer-Chef Werner Baumann war im Zusammenhang mit der 63 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto, aus dessen Hause Glyphosat stammt, auf der Bayer-Hauptversammlung Ende April von den Aktionären nicht entlastet worden. Die Rechtsstreitigkeiten rund um Glyphosat lasten schwer auf dem Aktienkurs des mit Aspirin groß gewordenen Traditionskonzerns.

Teurer Vergleich erwartet

Glyphosat steht unter Verdacht, Krebs zu erregen. In den USA sieht sich Bayer deshalb mit etwa 13.400 Klägern konfrontiert. Zuletzt wurde der Konzern Mitte Mai zu mehr als zwei Milliarden Dollar Schadensersatz an ein krebskrankes Ehepaar verurteilt. In zwei vorherigen Fällen wurden den Klägern Schadensersatzzahlungen von insgesamt knapp 160 Millionen Dollar zugesprochen. Bayer hat Berufung eingelegt oder angekündigt, viele Experten gehen aber letztlich von einem teuren Vergleich aus.

In der Forschung ist die Frage, ob Glyphosat eine krebsauslösende Wirkung hat, umstritten. Die US-Umweltbehörde EPA und auch die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland gelangten zu dem Schluss, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgeht. Dagegen konstatierte die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) 2015, dass Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ sei.

Glyphosat in der EU noch bis 2022 zugelassen

Bayer verweist immer wieder auf Studien, die Glyphosat als nicht gesundheitsschädigend einstufen. Zumindest aber in Europa läuft schon länger eine grundsätzliche Debatte darüber, wie lange das Herbizid überhaupt noch zugelassen sein soll. Auch deshalb steigt möglicherweise der Druck, Alternativen zu entwickeln.

In Europa ist der Einsatz von Glyphosat noch bis 2022 zugelassen. Das Berliner Landwirtschaftsministerium hat aber an die Bauern appelliert, die Verwendung schon vorher einzuschränken.

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Auch in einem anderen Punkt will Bayer umsteuern: Der Konzern, der zuletzt eingeräumt hatte, dass die Tochter Monsanto in mehreren Ländern geheime Kritiker-Listen geführt hat, will sich nun höhere Maßstäbe setzen für „Transparenz, Nachhaltigkeit und den Umgang mit allen Interessengruppen“. Beim anstehenden EU-Wiederzulassungsverfahren sei deshalb ein Pilotprojekt geplant: Forscher, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen seien eingeladen, die wissenschaftliche Vorbereitung aktiv zu begleiten.

Der Konzern versprach auch, die Umweltbilanz seiner landwirtschaftlichen Produkte zu verbessern und bis 2030 die Auswirkungen auf die Umwelt um 30 Prozent zu verringern. Dafür will Bayer eigenen Angaben zufolge neue Technologien entwickeln, die die Menge an Pestiziden reduzieren und präzisere Anwendungen ermöglichen.

In Entwicklungsländern will Bayer nur Pestizide auf den Markt bringen, wenn sie sowohl die lokalen Sicherheitsstandards erfüllen als auch die Anforderungen einer Mehrheit der acht führenden Zulassungsbehörden, darunter der EU und der USA. Der Konzernsprecher sagte auf die Frage, ob auch Mittel vom Markt genommen würden, dass es noch keine konkrete Liste gebe. Bayer werde sich sein Portfolio im Detail anschauen.

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