Bericht über geplante Wahlkampfhilfen für Salvini Die „Affäre Metropol“

Verhandlungen im Moskauer Luxushotel, angebliche Pläne für Wahlkampfhilfe aus Russland in Millionenhöhe: Ein Bericht wirft ein schlechtes Licht auf Italiens Innenminister Salvini.

Alessandro Bianchi/ REUTERS
Matteo Salvini: weist den Verdacht der Käuflichkeit zurück

Donnerstag, 11.07.2019  
21:07 Uhr

Ein schillernderer Ort ist kaum vorstellbar, sollten Italiener und Russen über geheime Geldflüsse verhandeln. Moskau, Hotel Metropol, einst ein Schauplatz der Russischen Revolution, an dem Zaristen gegen Bolschewiken kämpften. Heute ein Fünf-Sterne-Haus. Hier soll sich am 18. Oktober vorigen Jahres Gianluca Savoini, ein Vertrauter des italienischen Vizepremiers Salvini, mit drei Russen getroffen haben, die offenbar dem Kreml nahestanden.

So berichtet es das Portal „Buzzfeed“. Demnach diskutierte die Frühstücksrunde einen brisanten Deal. Savoini und seine Gesprächspartner sollen sondiert haben, wie der Kreml diskret einen zweistelligen Millionenbetrag nach Italien schaffen könnte, zur Lega, Salvinis aufstrebender Partei.

Das Geld sollte dem Bericht zufolge rechtzeitig vor der Europawahl bei den italienischen Rechtspopulisten ankommen, als großzügige Spende für die gemeinsame Sache. „Wir wollen Europa verändern. Ein neues Europa muss Russland nahestehen wie früher, weil wir unsere Souveränität zurückhaben wollen“, soll Savoini laut dem Transkript einer Audiodatei im Besitz von „Buzzfeed“ gesagt haben. Salvini sei der erste Mann, der ganz Europa verändern wolle. Zusammen mit Verbündeten wie der AfD in Deutschland, der FPÖ aus Österreich, Marine Le Pen und Viktor Orbán, die alle für Russland seien.

Der Vorgang erinnert an die „Ibiza-Affäre“

Ein kompliziertes Ölgeschäft sollte demnach den Geldfluss möglich machen. Russische und italienische Energiekonzerne würden sich über den Verkauf von Rohöl im Wert von etwa 1,5 Milliarden Dollar einigen. Ein millionenschwerer Rabatt könnte dann auf verschlungenen Wegen bei der Lega landen und deren Europawahlkampf finanzieren, so der Bericht von „Buzzfeed“.

Sollte sich alles so zugetragen haben, erinnert der Vorgang an ein Geheimtreffen des damaligen österreichischen Vizekanzlers und FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache auf Ibiza, das der SPIEGEL und die „Süddeutsche Zeitung“ Mitte Mai enthüllten und das zum Sturz der Wiener Regierung führte.

In beiden Fällen ging es um eine russische Unterstützung rechtspopulistischer Parteien in Europa. Beide Male gibt es einen Mitschnitt des jeweiligen Treffens, entweder auf Video (Strache) oder als Audio-Datei (Savoini). Und beide Male kam das diskutierte Geschäft offenkundig nicht zustande.

Während allerdings Strache auf dem Video klar zu erkennen ist, sich mit kompromittierenden Aussagen belastet und diese eingeräumt hat, bleiben nach dem Treffen im Hotel Metropol viele Fragen offen:

Wer war überhaupt dabei? Nur Gianluca Savoini wird mit Namen genannt, wer seine beiden italienischen Begleiter waren, ist unklar.
Wer waren die russischen Verhandlungspartner? Es ist nicht gelungen, ihre Identität zu enthüllen. „Buzzfeed“ vermutet, dass es sich um hochrangige Regierungsangehörige handelt. Harte Beweise gibt es nicht. Ebenso wenig existieren Belege dafür, dass Geld geflossen ist. Oder dass Salvini – der immerhin zur gleichen Zeit in Moskau weilte – von dem Treffen wusste.
In Italien sorgt die „affaire russo“ dennoch für Wirbel. Schon im Februar hatten zwei Journalisten des italienischen Magazins „L’Espresso“ über das Treffen im Metropol berichtet. Salvinis Sprecher wehrte die Nachrichten damals als „Fantasien“ ab, während Gianluca Savoini laut „Buzzfeed“ von „Fiktion“ sprach. Die Audiodatei liefert nun immerhin neue Belege für die Verhandlungen.

„Niemals habe ich einen Rubel angenommen“

Matteo Salvini, Innenminister und Parteivorsitzender der Lega, weist den Verdacht der Käuflichkeit zurück: „Niemals habe ich einen Rubel, einen Euro, einen Dollar oder einen Liter Wodka als Finanzierung von Russland angenommen.“ Savoini, der den Lega-Chef seit 20 Jahren kennt und früher als dessen Sprecher diente, dementiert: „Wir haben kein Geld angenommen“. Italiens Energiekonzern Eni, laut „Buzzfeed“ als Geschäftspartner des Öl-Deals vorgesehen, weist den Verdacht ebenfalls zurück.

Im heißen römischen Sommer bleibt das Moskauer Treffen trotzdem ein Thema. Salvini und sein ungeliebter Regierungspartner Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung liefern sich eine Art Endloswahlkampf.

Die Opposition greift derweil nach jeder Chance, um Salvinis erfolgreiches Dauerfeuer in Sachen Migration zu durchbrechen. Schon dass ein Vertrauter des Lega-Chefs in Moskau über Finanzhilfen verhandelt, ist für dessen Gegner brisant genug. Für sie passt es in eine verstörende politische Lage. Schließlich richtet der Innenminister, dessen Partei bei den Europawahlen 34 Prozent der Stimmen erhielt, sein Land konsequent Richtung Kreml aus. Regelmäßig reist er nach Moskau und fordert ein Ende der westlichen Sanktionen gegen Russland. Der russische Präsident Wladimir Putin hat es ihm vorige Woche beim Besuch in Rom gedankt. „Unsere Standpunkte stimmen überein“, sagte er.

Quelle