Tour de France Bei 24 Prozent Steigung an die Spitze

Julian Alaphilippe verausgabte sich im Kampf um das Gelbe Trikot. Doch am Ende übernahm überraschend Giulio Ciccone die Gesamtführung – Erinnerungen an Marco Pantani wurden wach.

ANNE-CHRISTINE POUJOULAT/POOL/EPA-EFE/REX
Giulio Ciccone übernahm das Gelbe Trikot

Donnerstag, 11.07.2019  
21:00 Uhr

Szene der Etappe: Giulio Ciccone attackierte Dylan Teuns auf den letzten Metern der Planche des Belles Filles – bei 24 Prozent Steigung auf Schotter. Doch Teuns konterte mit einem noch stärkeren Angriff, während Ciccone auf der steilen Rampe nur noch zu stehen schien. Teuns siegte die bei der ersten Bergankunft der diesjährigen Tour de France.

Ergebnis der Etappe: Teuns gewann die sechste Etappe von Mulhouse nach La Planche des Belles Filles mit elf Sekunden Vorsprung vor Ciccone. Doch der Italiener erhielt den größeren Preis: Er übernahm das Gelbe Trikot von Julian Alaphilippe, der im Gesamtklassement sechs Sekunden Rückstand auf Ciccone hat. Tim Wellens behält das Bergtrikot, Peter Sagan das Trikot des besten Sprinters. Hier geht es zum Rennbericht.

Die Magie von Planches des Filles: Schon vor dem Renntag wurde eine besondere Statistik des Zielorts rauf und runter zitiert. Denn wer hier bei der Siegerehrung das Gelbe Trikot überstreift, hat es bisher auch immer nach Paris getragen. So ging es Bradley Wiggins (2012), Vincenzo Nibali (2014) und Christopher Froome (2017). Dass Ciccone aber dieses Jahr die Tour de France gewinnt, ist ziemlich unwahrscheinlich.

Wie einst Pantani: Ciccone, 24 Jahre alt, musste vor rund zwei Jahren wegen Herzrhythmusstörungen operiert werden, doch nachhaltig eingeschränkt hat ihn das in seinem Sport nicht. Seine Fahrt zur Gesamtführung rief die Radsportchronisten auf den Plan: Ciccone ist der erste Fahrer seit Marco Pantani 1998, der nach dem Gewinn der Bergwertung beim Giro d’Italia im selben Jahr das Gelbe Trikot bei der Tour de France überstreifen konnte. „Das Gelbe Trikot war mein Kindheitstraum“, sagte Ciccone: „Heute habe ich mir diesen Traum erfüllt. Das ist wunderbar.“

Aufgegeben: Für Patrick Bevin vom CCC Team begann der Tag mit einer Enttäuschung. Nach einem Sturz auf der vierten Etappe hatte sich der Neuseeländer noch ins Ziel und anschließend sogar über die fünfte Etappe gekämpft. Anschließend ließ er sich aber röntgen und stellte fest, dass er sich zwei Rippen gebrochen hatte. Zwar wollte er trotzdem auf der sechsten Etappe starten, am Morgen waren die Schmerzen aber zu groß. Bevin musste als erster Fahrer dieses Jahr bei der Tour aufgeben. Im Laufe des Tages folgte ihm der erkrankte Franzose Edet Nicolas.

Ausreißer: Früh auf der 160,5 Kilometer langen Etappe setzte sich eine Ausreißergruppe mit 14 Fahrern vom Peloton ab. Darunter waren auch drei deutsche Fahrer: Nikias Arndt, Nils Politt und Sprinter Andre Greipel. Der „Gorilla“, wie Greipel genannt wird, verpasste aber den Sieg bei der Sprintwertung und musste sich wenig später in den Bergen verabschieden. Nach und nach folgten ihm zehn seiner Ausflugspartner. Nur Etappensieger Teuns, Ciccone und der Drittplatzierte Xandro Meurisse wurden nicht eingeholt.

Die Favoritengruppe: In den vergangenen Jahren dominierte Team Sky, heute Team Ineos, das Peloton, leistete Nachführarbeit und hielt Ausreißer an der kurzen Leine. Doch diesmal überließ Ineos die Verantwortung anderen Mannschaften, vor allem Movistar um die Mitfavoriten Mikel Landa und Nairo Quintana. Ob Ineos mit dieser Taktik weiterfährt, wird spannend.

Alaphilippes Verzweiflung: Auf den letzten tausend Metern des Schlussanstiegs tat Alaphilippe alles, um sein Gelbes Trikot nicht zu verlieren. Er setzte sich aus der Favoritengruppe ab, doch Vorjahressieger Geraint Thomas und der Franzose Thibaut Pinot folgten ihm. Thomas überholte Alaphilippe noch, Pinot kam zeitgleich mit seinem Landsmann ins Ziel. Der verlor das Gelbe Trikot am Ende wegen sechs Sekunden Rückstand auf den Etappenzweiten Ciccone.

Thibault Camus / AP
Julian Alaphilippe verausgabte sich im Zielsprint

Und die anderen? Nicht alle Mitfavoriten beteiligten sich am Schlussspurt auf Schotter. Trotzdem belegte die deutsche Tour-Hoffnung Emanuel Buchmann einen starken achten Platz. Toptalent Egan Bernal konnte seinem Teamkollegen Thomas nicht folgen und liegt nun auf dem sechsten Platz, 53 Sekunden hinter Ciccone. Bernal wird am Freitag das Trikot des besten Jungprofis tragen. Bitter wurde es für den Franzosen Romain Bardet, der rund zwei Minuten auf die Mitfavoriten verlor.

Wie geht es weiter? Auf der hügeligen siebten Etappe am Freitag wird Ciccone das Maillot Jaune mit seinem Team Trek-Segafredo wohl verteidigen können, wenn alles auf einen Zielsprint hinausläuft. Aber sobald es ab dem Wochenende wieder in die Berge geht, wird er gegen die Topfavoriten um Thomas und Bernal wohl keine Chance haben.

Quelle