Birgit Breuel Frühere Treuhand-Chefin räumt Fehler bei Privatisierung von DDR-Betrieben ein

Mit der Wiedervereinigung verloren Millionen Menschen ihren Job. Die Treuhandanstalt regelte den Übergang vieler Betriebe in die Marktwirtschaft. Die Ex-Chefin äußert sich rückblickend nun selbstkritisch.

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Protestierende Belegschaft in Leipzig, 1993: „Das war sehr bitter“

Sonntag, 21.07.2019  
14:23 Uhr

Von 1991 bis 1995 stand Birgit Breuel an der Spitze der Treuhandanstalt, die für die Privatisierung, Sanierung und Stilllegung früherer DDR-Betriebe zuständig war. In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) räumt sie nun rückblickend Probleme ein. „Natürlich haben wir Fehler gemacht. Das war sehr bitter“ sagt sie. „Wir mussten den Menschen sehr viel zumuten“, sagt sie dem Blatt.

Welche Fehler es genau waren, darauf ging Breuel in dem Interview nicht genauer ein. Sie halte grundsätzlich den Weg, der damals von der Regierung eingeschlagen wurde, trotz der Widrigkeiten und Probleme für richtig. „Das denke ich auch heute noch.“

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Birgit Breuel

Die Treuhand war für mehr als 23.000 Unternehmen verantwortlich, sie funktionierte wie eine Superholding, deren Zweck letztendlich die eigene Zerschlagung war. Millionen Jobs gingen dabei verloren. Zahllose Ostdeutsche im arbeitsfähigen Alter waren in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre vom Treuhand-Regime direkt oder mittelbar betroffen (mehr dazu lesen Sie hier).

Die Treuhandanstalt

Die DDR-Volkskammer beschließt das Treuhandgesetz. Am 1. Juli 1990 sind der Treuhand rund 8000 Betriebe unterstellt, in denen mehr als vier Millionen Menschen arbeiten. Bis Ende 1990 sind rund 500 Betriebe privatisiert.

3. Oktober 1990

Die DDR tritt dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei, Deutschland ist wiedervereinigt.

11043 Unternehmen, 10.311 Immobilien und 27.807 Hektar landwirtschaftliche Fläche sind bereits veräußert.

31. Dezember 1994

Die Treuhandanstalt stellt ihre Tätigkeit ein. Eine Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) übernimmt die verbleibenden Tätigkeiten, vor allem die Kontrolle der abgeschlossenen Privatisierungsverträge.

23.500 Unternehmen wurden bearbeitet.
19.500 (Re-)Privatisierungen
Die übrigen Unternehmen wurden aufgelöst,
oder deren Abwicklung wurde beschlossen.
Zusätzlich wurden 25000 Geschäfte oder Gaststätten privatisiert und 42000 Liegenschaften verkauft.
Einnahmen: rund 67 Milliarden Mark
Defizit: rund 200 Milliarden Mark

Die frühere CDU-Politikerin Breuel äußerte in dem Interview Verständnis für die Nöte der Ostdeutschen bei der Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft. „In Westdeutschland wäre es nicht möglich gewesen, den Leuten eine Veränderung dieses Ausmaßes zuzumuten. Sie hätten das nicht durchgehalten“, sagte sie der Zeitung.

Sie sprach sich zudem dafür aus, die Geschichte der deutschen Wiedervereinigung aufzuarbeiten. „Wir brauchen in Deutschland eine breite gesellschaftliche Debatte über die Mühen der Einheit.“ Dabei dürfe es aber nicht nur um die Treuhand gehen.

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