Kreisverband in Sachsen-Anhalt CDU-Basis bringt Zusammenarbeit mit AfD ins Spiel

In Brandenburg und Sachsen ist die Kenia-Koalition eine Option, in Sachsen-Anhalt gibt es sie schon – und die CDU tut sich damit schwer. Nun ist der Streit über eine Zusammenarbeit mit der AfD neu entbrannt.

Hendrik Schmidt/DPA
Parteilogo der CDU in Sachsen-Anhalt: Teile der Basis befürchten ein Fiasko bei den Landtagswahlen 2021

Dienstag, 03.09.2019  
16:37 Uhr

In der CDU in Sachsen-Anhalt befeuert ein Dokument den Streit darüber, wie sich die Partei gegenüber der AfD positionieren soll. Ein neues Vorschlagspapier des Kreisverbands Harz liest sich wie ein Appell an die Mitglieder der CDU, eine künftige Koalition oder Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten nicht auszuschließen – allerdings ohne die Partei konkret zu nennen. Kreisvorsitzender im Harz ist Ulrich Thomas, der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag.

Zuerst berichtete die Magdeburger „Volksstimme“ über das Papier. Der Kreisverband bestätigte die Aussagen auf Anfrage. Es handle sich um einen Vorschlag, der breiter in der Partei diskutiert werden solle. „Zukünftige Regierungsbündnisse müssen für die CDU mit den Parteien erfolgen, mit denen es die größten Schnittmengen gibt“, heißt es unter anderem, verbunden mit den Forderungen nach härteren Abschieberegelungen und einem Verbot der Vollverschleierung.

„Schwächung der CDU als letzte verbliebene Volkspartei“

In Sachsen-Anhalt regiert die Kenia-Koalition, ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Dazu heißt es: „Aktuelle Konstellationen führen zur deutlichen Schwächung der CDU als letzte verbliebene Volkspartei, weil sie die partikularen Interessen von Randgruppen, kleiner Parteien und der Opposition zulasten eigener Inhalte stärken.“ Die eigene Partei erwecke derzeit den Eindruck, man regiere „um des Regierens willen“. Bei der Landtagswahl 2021 drohe der CDU deshalb „ein Fiasko“.

Erst im Juni hatte Fraktionsvize Thomas in einem Strategiepapier mit dem aktuellen CDU-Kurs abgerechnet. In dem Text mit dem Titel „Denkpapier“ forderte Thomas, das „Nationale mit dem Sozialen“ zu verbinden, beklagte eine „Zunahme an neuer brutaler Kriminalität“ aufgrund „ungesteuerter Migration“. Und sagte: „Wir sollten eine Koalition jedenfalls nicht ausschließen. Stand jetzt ist sie nicht möglich – wir wissen aber nicht, wie die Lage in zwei oder fünf Jahren ist.“ Mitautor des Papiers war Lars-Jörn Zimmer, ebenfalls stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender.

Die CDU in Sachsen-Anhalt hatte als Reaktion auf das „Denkpapier“ ihren Ex-Finanzminister André Schröder beauftragt, ein neues Positionspapier in einer Arbeitsgruppe auszuarbeiten. Dieses wurde am Samstag im Landesvorstand vorgestellt. Die Landespartei bekräftigte darin, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD auszuschließen sei. Einen Beschluss des Gremiums dazu gibt es allerdings noch nicht.

Gefahr für die Kenia-Koalition

Der Kreisverband Harz hat darauf nun reagiert und fordert offenkundig, diese Position zu überdenken. Der innenpolitische Sprecher der Grünen in Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, macht klar, dass eine Kenia-Koalition beendet wäre, sollte sich diese Position beim Koalitionspartner durchsetzen. „Die CDU befindet sich offenbar in einem Aushandlungsprozess mit unklarem Ergebnis. Eine Kopie einer rechtsnationalen Partei wird die CDU sicher nicht zu neuen Wahlerfolgen führen“, sagt Striegel dem SPIEGEL.

Der Einwurf der Konservativen aus dem Harz kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. In Sachsen und in Brandenburg loten die drei Parteien CDU, SPD und Grüne ebenfalls die Möglichkeiten einer Kenia-Koalition aus. In Sachsen-Anhalt gab es immer wieder Clinch zwischen CDU und Grünen.

Erst zuletzt konnte sich das Dreierbündnis stabilisieren und wählte gemeinsam den AfD-Politiker Daniel Roi als Vorsitzenden des Extremismus-Ausschusses ab, weil dieser in der Vergangenheit an Demonstrationen von Rechtsradikalen teilgenommen hatte.

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