Chef der Wirtschaftsweisen Klimapläne sind „nicht wirklich durchdacht“

CO2-Ausstoß muss teurer werden, damit der Klimaschutz vorankommt: Das haben die Wirtschaftsweisen der Regierung empfohlen. Doch wenn die Umsetzung so weitergeht, könnte unnötig Geld verschenkt werden.

Paul Zinken/ DPA
Tempo, bitte: Klimademonstranten fordern schnelle politische Fortschritte ein

Freitag, 13.09.2019  
12:00 Uhr

Im Sommer hatte der Sachverständigenrat der Regierung vorgeschlagen, im Kampf gegen die Erderwärmung einen Preis für CO2 zu erheben. Nun fürchtet der Chef des Gremiums, dass die Koalition das Projekt falsch aufzieht.

„Ich habe derzeit Zweifel, ob die Politik die Prioritäten richtig setzt“, sagte der Essener Ökonomieprofessor Christoph Schmidt dem SPIEGEL. Das Entscheidende sei, kurzfristig einen Preis für CO2 festzulegen, entweder mithilfe einer Steuer oder eines ausgeweiteten Zertifikatehandels. „Stattdessen werden in Berlin jedoch zahlreiche Einzelmaßnahmen und Finanzierungsvorschläge diskutiert, ohne dass die Gundsatzbeschlüsse stehen“, sagte Schmidt. „Da geht zurzeit vieles wild durcheinander“. Die Politik laufe deshalb Gefahr, sich „voreilig auf Instrumente festzulegen, die überflüssig oder gar schädlich sind“.

Den Vorschlag von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), eine Klimaanleihe mit einem staatlich garantierten Zins von zwei Prozent aufzulegen, hält Schmidt für „nicht wirklich durchdacht“. Weil der Staat aktuell sogar Geld verdiene, wenn er sich verschulde, müssten für die Differenz die Steuerzahler aufkommen.

„Warum geben wir das Geld nicht direkt für Klimaschutz aus?“

„Fände der Vorschlag eine Mehrheit, würde die Allgemeinheit den glücklichen Zeichnern der Anleihe ein Geschenk machen, für das es keinen Grund gibt“, sagte der Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung dem SPIEGEL. „Da stelle ich mir die Frage: Warum geben wir das Geld nicht besser direkt für Klimaschutz aus?“

Anfang Juli hatten die Wirtschaftsweisen der Regierung ein Sondergutachten zur Klimapolitik vorgelegt. Darin hatten sie der Regierung geraten, künftig einen Preis für CO2 festzulegen. Dazu solle kurzfristig eine Steuer erhoben oder der Zertifikatehandel ausgeweitet werden. Mittelfristig, so hatten die Sachverständigen vorgeschlagen, müssten weitere Sektoren und möglichst viele Staaten eingebunden werden.

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