Trauerfeier für Robert Mugabe Geliebt von Diktatoren, verhasst von der Bevölkerung

Die Trauerfeier für Robert Mugabe verlief eher bescheiden. Es waren die Staatschefs oder Ex-Präsidenten aus afrikanischen Ländern, die Simbabwes langjährigem Präsidenten die letzte Ehre erwiesen. Auf den Straßen herrschte normaler Alltag.

Tony Karumba/ AFP

Samstag, 14.09.2019  
18:07 Uhr

Das Nationalstadion in Simbabwes Hauptstadt Harare fasst 60.000 Zuschauer. Doch es war nur zu einem Drittel gefüllt, als am Samstag der Sarg mit der Leiche des Ex-Präsidenten Robert Mugabe in die Arena eskortiert wurde. Der „Vater der Nation“ war am vorvergangenen Freitag in einem Hospital in Singapur im Alter von 95 Jahren gestorben.

Die öffentliche Trauer um den Ex-Präsidenten war offensichtlich doch nicht so groß, wie die Regierung erwartet hatte. Es blieb merkwürdig still im weiten Rund, nur einzelne Gruppen seiner Anhänger stimmten Chimurenga-Lieder an, Schlachtgesänge aus der Zeit des Befreiungskampfes.

Der in die Nationalflagge gehüllte Sarg wurde vor der Ehrentribüne aufgebahrt, wo sich die internationalen Trauergäste versammelt hatten. Es waren überwiegend Staatschefs oder Ex-Präsidenten aus afrikanischen Ländern, aus Namibia, Sambia, Angola, Malawi, Mosambik, Äthiopien, Nigeria, Kenia. Dort wird Mugabe nach wie vor als panafrikanische Lichtgestalt verehrt, die den Widerstand gegen den europäischen Kolonialherren anführte und 1980 die Unabhängigkeit seines Landes erkämpfte.

Buhrufe für Südafrikas Präsident

Alle afrikanischen Besucher wurden mit freundlichem Applaus bedacht, alle, außer einem: Als Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa zu seiner Rede anhob, wurde er von Tausenden ausgebuht. Ausgerechnet der Staatschef des mächtigen Nachbarlandes, einer der wenigen echten Demokraten unter den Trauergästen.

Es war die Quittung für die fremdenfeindlichen Gewaltausbrüche gegen afrikanische Einwanderer am Kap. Außerdem hatte sich Ramaphosa mehrfach kritisch über die selbstzerstörerische Politik Mugabes geäußert. Sein Vorgänger Jacob Zuma hingegen, der die Kaprepublik neun Jahre lang geplündert und stets treu zu Mugabe gestanden hatte, wurde schon bei seiner Ankunft am Flughafen umjubelt.

Kein einziger Staats- oder Regierungschef aus dem Westen erwies Mugabe die letzte Ehre. Zwischen den afrikanischen Besuchern verloren sich nur ein paar offizielle Vertreter von eng befreundeten Staaten wie Kuba oder China – und ein paar weiße Diplomaten. In Europa und Amerika wurde Mugabe als Diktator gesehen, der seine Kritiker brutal verfolgt und dessen Einheitspartei Zanu-Pf sich an den Ressourcen Simbabwes hemmungslos bereichert hat. Als der Alleinherrscher im November 2017 durch einen kalten Staatsstreich gestürzt wurde, hinterließ er ein ruiniertes Land und ein Volk, das mehrheitlich in Armut lebt.

Doch einige seiner Amtskollegen, die ihre Staaten ebenfalls in Grund und Boden gewirtschaftet haben, bekundeten tiefes Beileid.

Zum Beispiel Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, der greise Präsident von Äquatorialguinea. Er hatte Tränen in den Augen, als er erklärte, Mugabe solle erinnert werden als Mann, „der den Weißen das Land wegnahm und es dem Volk zurückgab“; er habe nicht nur Simbabwe befreit, sondern ganz Afrika.

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Obiang, seinerseits ein übler Despot, zählte zu den besten Freunden Mugabes. Er war der letzte, der ihn an seinem Totenbett in Singapur besuchte. Obiang hatte sich vor 40 Jahren an die Macht geputscht, er ist der am längsten amtierende Staatschef der Welt. Vermutlich mischt sich in seine Trauer die Angst, dass ihm eines Tages das gleiche Schicksal wie Mugabe widerfahren könnte.

In weiten Teilen der Bevölkerung verhasst

In den Straßen von Harare herrschte zeitgleich ganz normaler Alltag. Mit wem man auch sprach, niemand war traurig, dass „Comrade Bob“ nun endlich zu den Ahnen gegangen ist – im Gegenteil. In weiten Teilen der Bevölkerung war Mugabe verhasst.

„Schau dir nur an, was er aus unserem schönen Land gemacht hat“, sagt ein Lastwagenfahrer, der für eine chinesische Firma arbeitet. „Er hat uns alle unterdrückt und ausgeraubt und die Bodenschätze an Ausländer verscherbelt.“ Rund 90 Prozent der Simbabwer sind arbeitslos, drei Millionen sind über die Grenze nach Südafrika geflohen. In einigen Regionen hungern die Menschen.

Der Lkw-Fahrer ist 35 Jahre alt, er will anonym bleiben, denn die neue Regierung unter Präsident Emmerson Mnangagwa verfolgt nach wie vor Andersdenkende und regiert so dilettantisch wie das alte Regime. „Sie kommen alle aus Mugabes Verbrecherpartei. Solange sie an der Macht sind, wird sich hier nichts ändern.“

Für viele Simbabwer ist der Tag der Beerdigung eher ein Tag der klammheimlichen Freude. Wo und wann der Ex-Präsident beerdigt wird, ist den meisten egal. Sie machen sogar Witze über den Streit zwischen der Regierung und den Angehörigen Mugabes über dessen letzte Ruhestätte.

Die Witwe, verschleiert und in sich versunken

Grace Mugabe, die machthungrige Witwe des Präsidenten, die eigentlich sein Erbe antreten wollte, saß verschleiert und in sich versunken auf der Ehrentribüne. Sie ist verbittert, weil nun die neue Regierung Mugabe als „Nationalhelden“ feiert, allen voran Präsident Mnangagwa, der seinen Sturz orchestriert hatte. Zunächst wollte der Familienclan den Verstorbenen in seinem Heimatdorf beisetzen. Mittlerweile hat man sich geeinigt, dass er doch auf dem National Heroes Acre beerdigt werden soll, auf dem Friedhof der Befreiungskämpfer.

Die Weihestätte liegt in Sichtweite des Nationalstadions, ein protziges Monument hoch über Harare, erbaut von Nordkoreanern. Dort soll demnächst ein Mausoleum für Mugabe errichtet werden. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen, aber sie werden nach Angaben der Regierung mindestens vier Wochen dauern. Bis dahin wird sie die sterblichen Überreste eines Mannes, der bis in alle Ewigkeit herrschen wollte, irgendwie konservieren müssen.

Quelle