Mammutprozess in Bonn Gericht sieht Cum-Ex-Geschäfte als strafbar an

Durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte mit Aktiendividenden ist dem Staat ein Milliardenschaden entstanden. Die Tricks erfüllen dem Bonner Landgericht zufolge den Tatbestand der Steuerhinterziehung.

Landgericht Bonn (Archivbild): Cum-Ex-Geschäfte könnten dem Gericht zufolge strafbar sein

Mittwoch, 04.12.2019  
18:33 Uhr

Das Bonner Landgericht sieht die hoch umstrittenen Cum-Ex-Aktiendeals als nicht rechtens an. Die gezielte Mehrfacherstattung von Steuern könnte demnach als Straftat gewertet werden.

„Cum-Ex-Geschäfte in der hier angeklagten Konstellation sind strafbar“, sagte der Vorsitzende Richter Roland Zickler. Man habe die grundsätzliche Strafbarkeit der Geschäfte schon damit ausgedrückt, dass man das Strafverfahren überhaupt eröffnet habe. Das Gericht gab damit eine vorläufige Einschätzung zu dem im September gestarteten Mammutprozess ab.

„Die Strafbarkeit im Allgemeinen heißt noch nicht, dass die beiden Angeklagten hier auch zu bestrafen sind“, sagte Zickler weiter. In Bonn sind zwei britische Ex-Aktienhändler angeklagt, denen besonders schwere Steuerhinterziehung in 33 Fällen sowie ein Versuch vorgeworfen wird. Dadurch soll dem deutschen Staat laut Anklageschrift ein Schaden von 447 Millionen Euro entstanden sein.

Es müsse weiter geprüft werden, welche Tatbestände den Angeklagten tatsächlich zur Last gelegt werden könnten und ob die Männer als Mittäter oder lediglich als Helfer fungiert hätten. Das Gericht stellte jedoch bereits in Aussicht, dass sich die „enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden“ mildernd auf das Urteil auswirken dürfte. Beide hatten schon vor Prozessbeginn umfassend ausgesagt.

So funktionierten die Tricksereien

Bei den Cum-Ex-Geschäften ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit – also cum – und ohne – ex – Dividendenanspruch. Insgesamt soll der Staat damit einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag eingebüßt haben. Mit einem Urteil wird in Bonn frühestens im Januar 2020 gerechnet.

Es sei im Prozess erkennbar geworden, dass es keinen wirtschaftlichen Sinn für die Geschäfte gegeben habe, sagte der Richter. Beteiligten Instituten könne die Einziehung der erlangten Gewinne drohen. Dies gelte auch für Investoren, die gar nicht an dem Prozess in Bonn beteiligt sind und Vorteile aus den Steuerdeals erlangten.

Am Landgericht Bonn müssen auch fünf Geldhäuser den Richtern Auskunft geben. Laut Zickler handelt es sich dabei um die Holdinggesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, deren Tochter Warburg Invest, Fondshäuser der französischen Bank Société Generale und des US-Instituts BNY Mellon sowie die Hamburger Kapitalverwaltungsgesellschaft Hansainvest.

„Die Kammer ist weit davon entfernt, Banken pauschal abzuwatschen „, sagte der Richter. „Was wir gesehen haben, sind aber zahlreiche Beispiele für Fehlverhalten“, sagte er weiter: „Es war ein kollektiver Griff in die Staatskasse.“

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