Impeachment-Verfahren gegen Trump: Demokraten stellen im Senat die Gewissensfrage – DER SPIEGEL – Politik

Zum Auftakt der Plädoyers im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump haben die Anklagevertreter an das Gewissen der Senatoren appelliert und sie zu Unvoreingenommenheit aufgerufen. „Die Verfassung überträgt Ihnen die Verantwortung, als unparteiische Geschworene zu handeln“, sagte Adam Schiff, Leiter der Anklagevertreter des Repräsentantenhauses, am Mittwoch im US-Senat. Die Parteizugehörigkeit dürfe dabei keine Rolle spielen. „Wir sind der Verfassung und der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet.“ Trumps Republikaner haben im Senat die Mehrheit.

Schiff rief die Senatoren auf „zu entscheiden, welche Art von Demokratie wir Ihrer Meinung nach sein sollten. Und was das amerikanische Volk beim Verhalten seines Präsidenten zu Recht erwarten darf.“ Schiff – der dem Geheimdienstausschuss im Repräsentantenhaus vorsteht – forderte die Senatoren erneut dazu auf, im Sinne eines fairen Verfahrens neue Zeugen anzuhören und Dokumente anzufordern. Er kündigte an, in den kommenden Tagen „überwältigende Beweise“ für das Fehlverhalten Trumps zu präsentieren.

Seit Mittwoch hat das Anklageteam der demokratischen Abgeordneten – verteilt über drei Tage – insgesamt 24 Stunden Zeit für den Versuch, die Senatoren von den beiden Anklagepunkten des Repräsentantenhauses zu überzeugen. Die sogenannten Impeachment-Manager begannen am Mittwoch damit, detailliert die Ergebnisse aus den Zeugenanhörungen der vergangenen Wochen im Repräsentantenhaus darzulegen. Dabei zeigten sie Ausschnitte aus den Befragungen und erzählten chronologisch Geschehnisse der Ukraineaffäre nach. Der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, warf Trump vor, dieser habe allein im persönlichen Interesse gehandelt und sich einen Vorteil für seine Wiederwahlkampagne verschaffen wollen.

Trumps Verteidiger zweifeln Anklage anNach der Präsentation der Ankläger haben – voraussichtlich ab Samstag – Trumps Verteidiger ebenfalls 24 Stunden Zeit, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Sie hatten schon vor den Plädoyers argumentiert, der Präsident habe sich nichts zuschulden kommen lassen. „Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen“ seien das einzige, auf das sich die Demokraten beriefen.

Trump selbst würde das Verfahren nach eigener Aussage gerne aus nächster Nähe mitverfolgen. „Ich würde irgendwie gern direkt in der ersten Reihe sitzen und in ihre verdorbenen Gesichter starren“, sagte Trump am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.

Nach den Plädoyers beider Seiten sollen die Senatoren in der kommenden Woche die Möglichkeit haben, schriftlich Fragen zu stellen. Erst anschließend soll der Senat darüber entscheiden, ob auch Zeugen vorgeladen werden oder nicht. Die Demokraten kämpfen seit Wochen dafür, neue Zeugen im Senat zu hören – bislang vergeblich.Trump ist erst der dritte Präsident in der US-Geschichte, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren im Senat geführt wird. Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus haben ihn wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Die Entscheidung über diese Vorwürfe liegt beim Senat, der bei einem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts einnimmt. Wegen der republikanischen Mehrheit im Senat ist es extrem unwahrscheinlich, dass Trump am Ende des Amtes enthoben wird.
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