Impeachment-Verfahren: Trump und die Unterwerfung der Republikaner – DER SPIEGEL – Politik

Im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump müssen die Senatoren schweigen. Dafür sind sie vor den Türen des Saals umso redseliger. Dort, vor den TV-Kameras, machen die republikanischen Abgeordneten ihrem Ärger über das Impeachment-Verfahren gegen ihren Präsidenten Luft.

„Ich denke, dass die Anklage fehlerhaft und unbegründet ist“, schimpft Senator Mike Lee aus Utah. Sein Parteifreund John Kennedy gibt sich ebenso empört: Es gehe den Demokraten doch nur darum, Donald Trump aus dem Amt zu bugsieren. Und Senatorin Marsha Blackburn aus Tennessee stellt fest: „Dieser ganze Prozess ist eine Farce.“Trump kann zufrieden sein. Obwohl die Demokraten in der Ukraineaffäre etliche Beweise gegen ihn gesammelt haben, stehen die Republikaner in Treue fest zu ihm. Kein Zweifel, kein Wackeln, keine Kritik kommt über ihren Lippen. Wenn nicht noch etwas völlig Überraschendes passiert, ist es fast sicher, dass Trump mithilfe seiner Partei am Ende des Prozesses freigesprochen wird.

Warum ist das so? Woher kommt diese klare Unterstützung?Neben der ehrlichen Begeisterung etlicher Trump-Fans für ihren Präsidenten ist reichlich Opportunismus im Spiel. Viele einstige Trump-Kritiker in der Partei haben sich über die Jahre zu treuen Gefolgsleuten des Präsidenten gewandelt, aus unterschiedlichen Motiven.Einstige Kritiker haben mit Trump einen unausgesprochenen Pakt geschlossenZur Erinnerung: Die Unterstützung für Trump bei den Republikanern war nicht immer so eindeutig. Im Wahlkampf 2016 war die Partei zutiefst gespalten. Vor allem in der Elite stemmten sich viele gegen Trump. Es gab etliche Senatoren, Mitglieder des Repräsentantenhauses und andere führende Funktionäre, die sich über Trumps wilden Populismus beklagten und ihn ablehnten.

Trump sei ein „furchtbarer Mensch“, erklärte Mick Mulvaney, zu dieser Zeit Kongressabgeordneter. Und Senator Lindsey Graham befand, der Milliardär aus New York sei ein „Jackass“, ein Dummkopf. Auch Mitch McConnell, Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, galt zu dieser Zeit als Trump-Kritiker.Heute sind alle drei Männer treue Anhänger des Präsidenten und typische Vertreter einer Partei, die sich Trump mehr oder weniger freiwillig unterworfen hat. Mulvaney ist Trumps Stabschef im Weißen Haus, Graham berät den Präsidenten und geht regelmäßig mit ihm golfen, Mitch McConnell organisiert für Trump im Senat den Impeachment-Prozess so, dass der daraus möglichst unbeschadet hervorgeht.

Wie viele einstige Kritiker in der Partei haben sie mit Trump einen unausgesprochenen Pakt geschlossen. McConnell stützt Trump, weil der ihm als Präsident hilft, die politische Agenda der Partei durchzusetzen: Trump sorgt dafür, dass viele konservative Richter an Bundesgerichte befördert werden. Sie werden dort auf Jahrzehnte die Rechtsprechung im Sinne der Partei prägen. Zudem hat Trump den alten republikanischen Traum einer massiven Steuersenkung umgesetzt, er fährt Umweltschutzauflagen für die Industrie zurück und setzt sich für den freien Waffenbesitz ein.Vielen Republikanern geht es schlicht um die eigene KarriereHinzu kommt: McConnell muss seine eigene Wiederwahl als Senator in seinem Bundesstaat Kentucky sichern. Gleiches gilt für Graham in South Carolina. Beides sind klassische „rote“, republikanische Staaten, in denen Trump bei der Basis extrem beliebt ist. Würden McConnell und Graham im Senat gegen Trump rebellieren, müssten sie befürchten, zu Hause abgestraft zu werden. Wohl auch deshalb sind die beiden Männer nun die treuesten Trump-Befürworter.Vielen Republikanern geht es schlicht um die eigene Karriere. Das gilt nicht nur für den Senat, sondern auch für die Trump-Fans in der Regierung. Trump kann als Präsident Tausende von wichtigen Posten vergeben. Wer hier dabei sein will, muss treu zu ihm stehen.Leute wie Stabschef Mick Mulvaney haben sich bewusst für Trump und damit für das eigene Fortkommen entschieden. Der Posten im Weißen Haus sichert Mulvaney viel Einfluss in Washington. Später könnte er diese Position zudem nach Lust und Laune versilbern, Stabschefs verdienen nach ihrem Ausscheiden oft Millionen von Dollar als Lobbyisten oder „Berater“ der Industrie.Wie kaum eine andere amerikanische Präsidentschaft der letzten Jahre erinnert die Ära Trump so an den Feudalismus des späten Mittelalters: Der König wacht über seine Untergebenen, dafür schenken sie ihm fast schon blinde Loyalität und ziehen für ihn in die (politische) Schlacht, so wie beim Impeachment-Prozess.

Natürlich hat jeder Machtapparat aber auch seine Schwachpunkte. Die Loyalität bekommt Risse, wenn die Anhänger nicht mehr sicher sein können, ob sie mit diesem König weiter erfolgreich sein können. Wenn sie Angst davor bekommen, mit ihm gemeinsam unterzugehen. Dann kann die Abkehr vom Anführer mitunter sehr schnell gehen.Trumps Gegner lauern auf diesen Moment. So wie der Jurist George Conway. Er war einst ein Trump-Freund, zählt inzwischen aber zu dessen schärfsten Kritikern. Conway sieht mit Grausen, wie sich die Senatoren seiner Partei dem Präsidenten unterworfen haben.Gleichwohl hat er die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich die Stimmung im Verlauf des Impeachment-Prozesses noch ändern wird. Seine Parteifreunde sollten sich endlich gegen Trump und für die Wahrheit entscheiden, meint Conway. Denn: „Sie wissen, dass er schuldig ist.“
Icon: Der Spiegel

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