Kaiserslautern vor der Drittklassigkeit Euphorie am Tiefpunkt

Mit dem 1. FC Kaiserslautern verabschiedet sich ein großer Traditionsverein aus der Zweiten Liga, doch die Fans unterstützen das Team geradezu begeistert. Was ist da los?

Fans des 1. FC Kaiserslautern

Sonntag, 22.04.2018  
21:47 Uhr

Als Schiedsrichter Daniel Siebert die Partie abpfiff, blickten viele Zuschauer auf der Haupttribüne des Fritz-Walter-Stadions ängstlich nach rechts: Würde der harte Kern der Fanszene nach dem de facto feststehenden Lauterer Abstieg einen Platzsturm wagen? Würde es massive Proteste geben? Nichts davon geschah am Sonntag nach der 0:1-Niederlage gegen Dynamo Dresden.

Ein paar abfällige Handbewegungen waren beim Blick in die Westkurve schon zu beobachten, doch viele Fans spendeten aufmunternden Applaus. Und die meisten blieben einfach noch ein paar Minuten stehen und gingen dann traurig nach Hause. Der FCK, mehrfacher Deutscher Meister und vor gar nicht allzu langer Zeit Dauer-Teilnehmer an europäischen Wettbewerben, steigt in die Dritte Liga ab.

Dass diese Mannschaft 20 Jahre nach der letzten Deutschen Meisterschaft nicht wegen mangelnden Willens runter muss, war gegen Dresden erneut zu sehen. Die Qualität reicht schlicht nicht. Sportlich ist der FCK selbst für die derzeit so schwache Zweite Liga kein Verlust. Doch die spezielle Atmosphäre der Spiele auf dem Betzenberg, die wird fehlen.

Lukas Spalvis

„Es ist etwas Besonderes in Deutschland, dass die Fans so human uns gegenüber sind“, sagte Keeper Marius Müller. „Anderswo lassen sie ihren Frust an den Spielern aus.“ In der Pfalz bleiben die Fans seit Wochen loyal zur Mannschaft. Keine Busblockaden, keine Schmährufe. Stattdessen erschallte Aufmunterndes: „Lauterer geben niemals auf“. Auch die Reisefreude überrascht: 1500 Fans waren in Aue, je 3000 in Bochum und Duisburg.

Anständig aus der Liga verabschieden

„Seit der Rückrunde spürt man, dass die Mannschaft will, dass sie alles tut“, sagt Florian Reis, Autor des viel gelesenen Online-Fanzines Der Betze brennt. „Vor dem Spiel in Darmstadt hat sich die Mannschaft mit Teilen der Fanszene getroffen“, berichtet Keeper Müller. „Das war wichtig für beide Seiten.“

Das heißt nicht, dass die Fans alles gutheißen, was zuletzt passierte. „Letztlich steigen wir ab, weil die Hinrunde so miserabel war“, sagt Reis. Zwei Punkte aus sieben Spielen hatte der FCK, dann wurde Norbert Meier entlassen. Unter Nachfolger Jeff Strasser, der das Training anzog, ging es aufwärts. Nachdem Herzprobleme den Luxemburger zum Aufgeben zwangen, übernahm Michael Frontzeck.

Michael Frontzeck

Seither stehen 17 Punkte aus zwölf Spielen zu Buche. Mehr war nicht drin in dieser Saison, in der die besten Nachrichten von außerhalb des Platzes kamen: Dass die Stadt in der Dritten Liga die Stadionmiete von 3,2 Millionen auf 425.000 Euro senkt, ist lebenswichtig für den klammen Klub. Die zweite gute Nachricht kam vom DFB: Die geforderten Nachbesserungen für die Drittliga-Lizenz wird der FCK stemmen, heißt es im Verein.

Und sportlich? Man hofft, dass die Dritte Liga nur ein einjähriges Intermezzo bleibt. Aber damit die Konkurrenz nicht vergisst, wen sie verlieren, wollen sich die Fans anständig aus der Liga verabschieden: Das Gästekontingent für das letzte Saisonspiel in Ingolstadt war innerhalb einer Stunde ausverkauft. Und glaubt man Fanzine-Macher Reis, werden trotz des dann feststehenden Abstiegs 4000 Lautern-Fans Mitte Mai nach Oberbayern fahren. „Wenn du mit dieser Euphorie in die Dritte Liga gehst“, sagt Reis, „ist das ein starkes Signal.“

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