ProSiebenSat.1 Höhe des Vorstandsgehalts ist für die Aktionäre „Wahnsinn“

Thomas Ebeling ging bei ProSiebenSat.1, nachdem er die TV-Zuschauer „fettleibig und ein bisschen arm“ nannte. Bei Nachfolger Max Conze sehen die Aktionäre nun ein millionenschweres Problem.

Sina Schuldt/dpa
Max Conze

Mittwoch, 12.06.2019  
19:59 Uhr

Die Aktien von ProSiebenSat.1 verloren an der Börse zuletzt mächtig an Wert. Das Gehalt des neuen Chefs ist jedoch üppig – und das ärgert die Aktionäre des Medienkonzerns. Die Antrittsprämie von drei Millionen Euro für den neuen Chef Max Conze sei „nicht nachvollziehbar bei dem Ergebnis“, sagte Elisa Haralampides von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Den Börsenwert zu halbieren und dann die Vorstandsgehälter um 60 Prozent zu steigern, erscheine wie „der blanke Wahnsinn“, sagte Haralampides auf der Hauptversammlung. Auch Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz meinte, sie könne die sehr erheblichen Zahlungen nicht ganz verstehen. Conze lege den Fokus auf die richtigen Entwicklungen, aber ProSiebenSat.1 erkaufe sich seine Qualitäten „vielleicht ein bisschen zu teuer“.

5,5 Millionen Euro Gehalt in sieben Monaten

Der frühere Deutsche-Börse-Aufsichtsrat Johannes Witt sagte als Privataktionär von ProSiebenSat.1: Obwohl Gewinn, Dividende und Aktienkurs schrumpften, habe Conze in den ersten sieben Monaten 5,5 Millionen Euro erhalten. Das Jahresgehalt von Conzes Stellvertreter Conrad Albert sei auf 3,7 Millionen Euro verdoppelt worden. Keine Kritik gab es dagegen an der Dividendenkürzung um rund 40 Prozent. Bergdolt sagte, das sei zwar happig – aber es sei „viel wichtiger, dass das Unternehmen nun die Kurve kriegt und investiert“.

Conze bat die Aktionäre unterdessen um Geduld beim Konzernumbau. Kommenden Dienstag starte jedoch bereits die kostenlose Streaming-Plattform Joyn mit gut 50 Sendern, auch mit ARD und ZDF. Damit könnten die Zuschauer „deutsches TV gebündelt in einer App schauen“. In zwei Jahren will er damit zehn Millionen Zuschauer erreichen und den Rückgang der Werbeerlöse im traditionellen Fernsehen ausgleichen. Den kostenpflichtigen US-Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime will ProSiebenSat.1 auch mehr eigenproduzierte Filme und Liveshows entgegensetzen.

Conze war vor einem Jahr zu ProSiebenSat.1 gekommen, nachdem sein Vorgänger Thomas Ebeling seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt hatte. Zuvor war er wegen Äußerungen über TV-Zuschauer in die Kritik geraten. Er bezeichnete sie als „ein bisschen fettleibig, ein bisschen arm“.

Unternehmerisch scheint der Kurs von Nachfolger Conze erfolgreich zu sein. Er mistete angestaubte US-Serien aus und begann, ins Programm zu investieren. Mit RTL zusammen schuf er die Plattform, die Fernsehen und Internet vernetzt und den Werbekunden zielgenauere Werbung ermöglicht. Das soll bald 400 Millionen Euro Umsatz zusätzlich bringen. Sogar zwei Milliarden Euro Umsatz erwartet er ab 2023 aus den Onlinegeschäften von Parship, Verivox und Co.

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