Drei Jahre Haft wegen Verwechslung Gericht in Italien lässt falschen „General“ frei

Er sollte der schlimmste Menschenschmuggler Ostafrikas sein. Nach drei Jahren Haft entschied ein italienisches Gericht nun aber: Der Eritreer Medhanie Berhe ist nicht der berüchtigte „General“ – und ließ ihn gehen.

DPA/NCA; REUTERS/ Italian Police Department
Links: Mered Medhanie, Menschenschmuggler und der „General“. Rechts: Medhanie Tesfamariam Behre, der anstelle von Mered drei Jahre im Gefängnis saß.

Freitag, 12.07.2019  
19:45 Uhr

Medhanie Tesfamariam Behre dürfte es zuerst für einen Scherz gehalten haben, als sudanesische und britische Polizisten ihm im Mai 2016 in Khartum Handschellen anlegten.

Dann flogen ihn die Beamten in einem kleinen Jet nach Italien, denn das europäische Land hatte die Auslieferung des berüchtigten Menschenschmugglers Mered Medhanie beantragt. Und als diesen angeblichen Schurken präsentierten sie ihn bei der Landung den Kameras: Mered, der „General“ sei gefasst, berichtete auch SPIEGEL ONLINE.

Jetzt, mehr als drei Jahre danach, steht fest: Sie hatten den falschen Mann. Ein Gericht in Palermo entschied am Freitag, dass bei dem Eritreer eine Verwechslung vorliege. Verhandelt wurde nicht nur gegen Medhanie, sondern auch gegen fünf weitere mutmaßliche Schleuser.

Einen Freispruch bekam er nicht: Wegen Beteiligung an Menschenschmuggel verurteilten sie Medhanie zu fünf Jahren Haft und 100.000 Euro Strafe. Wegen der vergangenen drei Jahre aber, die er als mutmaßlicher Großschmuggler im Gefängnis saß, ließen ihn die Richter umgehend frei.

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Medhanie im Gerichtssaal: „Er hat wie ein Kind geweint“

„Er hat wie ein Kind geweint, als ihm die Richter sagten, seine Identität sei verwechselt worden, und dann seine sofortige Freilassung anordneten“, sagte sein Anwalt Michele Calantropo. Medhanie werde nun unverzüglich Asyl in Italien beantragen.

Medhanies Unterstützer wollen gegen Italiens Justiz klagen

Erste Hinweise darauf, dass Medhanie nicht der gesuchte „General“ ist, gab es früh. Britische Medien zitierten mehrfach Verwandte des Inhaftierten, die für seine Identität bürgten. Auch eine aus Eritrea stammende Radiojournalistin, die den echten Menschenschmuggler Mered am Telefon interviewt hatte, beschwor die italienische Justiz, sie habe den falschen Mann, der „General“ sei weiter frei.

Es nützte nichts. Staatsanwalt Calogero Ferrara ließ sich weder von Zeugen noch von einem Stimmenvergleich mit einer Aufnahme des echten Generals umstimmen. Die Anklage blieb bestehen.

Nachdem das Gericht Medhanie nun frei gelassen hat, wollen die Aktivisten, die jahrelang für die Anerkennung seiner wahren Identität stritten, ihrerseits Klagen. Meron Estefanos, die Journalistin, die den Fall publik gemacht hatte, schrieb bei Twitter: „Das Spiel ist aus Ferrara. Jetzt werden wir Sie verklagen.“

Mit Material von AP

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