Die Lage am Donnerstag Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,

ist das schon das vorzeitige Finale? Erstmals werden heute die drei demokratischen US-Präsidentschaftsbewerber Elizabeth Warren, Bernie Sanders und Joe Biden gemeinsam bei einem großen TV-Duell auf der Bühne stehen. Aktuelle Umfragen sehen Biden als Favoriten der Parteibasis, Warren und Sanders ringen derzeit um Platz zwei. In Houston, Texas, treten sie gegeneinander an, zusammen mit sieben anderen Bewerbern, die die Qualifikation für die TV-Debatte geschafft haben, in den Umfragen aber weiter hinten liegen.

Lucas Jackson/ REUTERS

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Heft 37/2019

Chaos nach Plan? Wie Premier Johnson die Zukunft der Briten verzockt

Joe Biden mag derzeit zwar der sogenannte Frontrunner sein, bei den vorherigen TV-Debatten machte er aber keine wirklich gute Figur. Vor allem Elizabeth Warren schnitt da weit besser ab, sie hat insgesamt gerade einen Lauf, was sich aber in den verbleibenden Monaten bis zum Start der Vorwahlen in Iowa und New Hampshire natürlich noch ändern kann. Würde heute gewählt, würden laut einer neuen Umfrage von ABC und „Washington Post“ vier der demokratischen Bewerber Präsident Trump schlagen, die drei genannten sowie Kamala Harris. Trump hat die Umfrage deshalb vorsorglich schon einmal als „Fake News“ und „Pfusch“ bezeichnet. Was sonst?

Kommt die neue Konjunkturspritze?

Kai Pfaffenbach/ REUTERS

Den wichtigsten Termin gibt es heute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt/Main. Alles sieht danach aus, dass die Währungshüter eine erneute Konjunkturspritze verkünden werden. EZB-Chef Mario Draghi hatte unlängst erklärt, angesichts der weltweiten Konjunkturabkühlung und der Schwäche des Welthandels seien „signifikante geldpolitische Impulse“ notwendig.

Was die Zentralbank genau plant, ist unklar. Im Gespräch sind sowohl neue Anleihekäufe als auch eine Verschärfung des Strafzinses für Gelder, die Banken bei der EZB parken. Derzeit werden dafür 0,4 Prozent Zinsen fällig. Die Idee dahinter: Banken sollen das Geld nicht horten, sondern in Form von Krediten an die Wirtschaft weiterreichen, damit die Konjunktur belebt wird.

Höhere Strafzinsen könnten auch für Sparer schlechte Nachrichten mit sich bringen: Es ist nicht ausgeschlossen, dass schon bald Banken diese Kosten flächendeckend auf ihre Kunden abwälzen könnten. Bislang schrecken die meisten Institute vor diesem Schritt noch zurück.

Für Draghi ist dies übrigens die letzte große Entscheidung als EZB-Chef. Im Oktober übernimmt das Amt die Französin Christine Lagarde.

Brexit – was passiert am 31. Oktober?

Daniel LEAL-OLIVAS/ AFP

Noch eine unschöne Nachricht für den britischen Premier Boris Johnson. Seine Regierung musste jetzt einem Antrag des Parlaments folgen und Papiere zu den Vorbereitungen für einen harten Brexit offenlegen. Das Ergebnis ist niederschmetternd: Demnach geht auch die Regierung in einem internen „Worst Case“-Szenario davon aus, dass bei einem Brexit ohne Deal mit der EU ab dem 31. Oktober auf der Insel reichlich Durcheinander ausbrechen könnte.

Die Preise für Lebensmittel und Benzin könnten demnach deutlich steigen, die Versorgung mit Medikamenten wäre bedroht und auf den Straßen könnten sogar Unruhen ausbrechen. Teile des Papiers waren im Sommer bereits in einer Zeitung veröffentlicht worden. Damals tat die Regierung von Johnson noch so, als sei das Papier veraltet, also quasi bedeutungslos. Das nun veröffentlichte Dokument ist jedoch erschreckend aktuell: Es ist auf den 2. August datiert.

Der umkämpfte Krieg

Die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts nahm ihren Anfang in Danzig. Mit dem Überfall der Deutschen auf die polnische Post und die Westerplatte eröffnete Hitler im September 1939 einen beispiellosen Vernichtungsfeldzug. Polen zahlte in den sechs Jahren der Nazi-Herrschaft mit dem größten Blutzoll für die deutschen Allmachtsfantasien und wurde am Ende nicht befreit, sondern von Stalin okkupiert. Bis heute sind die Spuren des Krieges und der Versöhnungsversuche in Danzig spürbar. Der Historiker Pawel Machcewicz hat in Danzig ein Museum gegründet, das das Leiden der Zivilbevölkerung in den Mittelpunkt rückt und im europäischen Kontext darstellt.

Die neue rechte Regierung Polens ersetzte ihn, weil ihnen das Konzept nicht nationalistisch genug war. Wenn Sie sich für die Hintergründe dazu interessieren, empfehle ich Ihnen den Besuch einer spannenden Diskussion mit Pawel Machcewicz in der Berliner Urania am 17. September um 20 Uhr. SPIEGEL-Redakteur Markus Deggerich spricht mit dem Historiker über sein Museum, über den Krieg und über die Beziehungen zwischen Deutschen und Polen.

Verlierer des Tages…

Sergio LIMA/ AFP

… ist Carlos Bolsonaro, der Sohn von Brasiliens umstrittenem Staatschef Jair Bolsonaro. Seit der 43 Jahre alte Spross des Präsidenten vor einigen Tagen indirekt Sympathien für die Einrichtung einer Diktatur in Brasilien gezeigt hat, wird er laut einem Bericht des „Guardian“ von einer Welle des Protests überrollt. Bolsonaro hatte bei Twitter erklärt, die Transformation, die das Land wolle, sei mit demokratischen Mitteln unerreichbar. Kommentatoren in den großen Zeitungen des Landes, das vor nicht allzu langer Zeit eine Diktatur überwinden konnte, verurteilten die Äußerungen prompt: Der Sohn sage, was der Vater denke, empörte sich das Blatt „O Globo“. Ein anderer Kommentator warnte, Bolsonaro flirte mit einem „Putsch“.

Der Präsidentensohn antwortete auf seine Weise: Er nannte die Kommentare „Müll“ und seine Gegner „Abschaum“. Ähnlich reagiert sein Vater gern, wenn er angegriffen wird. Auch in Brasilien gilt offenbar das alte Sprichwort: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

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Ich wünsche Ihnen einen schönen Start in den Tag.

Ihr Roland Nelles

Quelle