ARD-Doku „Hirschhausen im Hospiz“ Wer zuletzt lacht

Fernseharzt Eckart von Hirschhausen besucht für eine Doku ein Hospiz. Die nachdenklichen, eindringlichen Momente zersplittert der Film mit peinlichen Einspielern – beispielsweise über „Sarg-Probeliegen“.

Ben Knabe/ WDR

Montag, 16.09.2019  
17:37 Uhr

Wenn einem als Kind ein überkatholischer Pfarrer die unlöschbare Idee eingetrichtert hat, man höre nach dem Tod bis in alle Ewigkeit die Sätze, die man zuletzt bei Lebzeiten ins Ohr bekam, erscheint es einem eine nicht so gute Idee, sterbenden Menschen ausgerechnet den unverwüstlichen Grinsearzt Eckart von Hirschhausen an die Seite zu setzen.

In „Hirschhausen im Hospiz“ passiert trotzdem genau das. „Alles Sprechen vom Tod hat einen systematischen Nachteil“, sagt Hirschhausen einer Frau, die nur noch einige Tage oder wenige Wochen leben wird, „sie finden immer mit Lebenden statt.“ „Hmm“, sagt die Frau.

Die Idee der klassischen Ich-geh-dorthin-wo-es-wehtut-Doku ist dabei natürlich gut und lohnend: Hinschauen, was auf den letzten Metern eines Lebens passiert, wenn man eben ganz genau weiß, dass das Ende naht. „Stellen Sie sich vor, Sie sind weg, es gibt Sie nicht mehr. Sie sind tot“, sagt Hirschhausen zu Beginn. „Für wen ist das eigentlich schlimm? Für Sie selber oder für alle, die noch weiterleben?“

Schnipselige Dramaturgie

Zwei Tage will er in einem Bochumer Hospiz dieser Frage nachgehen, belegt einem Gast (so heißen die Bewohner hier) zum Frühstück wie gewünscht ein Butterbrot mit Bananen, hilft bei der Abendwäsche und spricht mit Sterbenden und Angehörigen.

„Mir fällt es so schwer“, sagt einer, der eben einem geliebten Menschen beim Übersiedeln ins Hospiz geholfen hat. „Mhm“, sagt Hirschhausen, und dann sagt er noch „na!“ und fasst an den Arm, und natürlich ist das hilflos, aber wahrscheinlich wäre alles Nicht-Hilflose in einer solchen Situation auch eine Zumutung.

Viel störender ist aber die schnipselige Dramaturgie der Sendung, die der ruhigen, bedächtigen Stimmung im Hospiz entgegensteht. Während Hirschhausen im Hospiz sitzt, sind nämlich seine beiden Reporter Niko und Lisa unterwegs, um eine Stoffsammlung zum Thema „Umgang mit dem Tod“ nachzuspielen: Sie helfen einem Bestatter, eine Leiche herzurichten, transportieren einen Sarg mit dem Lastenrad quer durch die Stadt, quatschen extralocker Passanten an („Hi, wollen Sie sich mal reinlegen?“), rufen „wie isses?“ durch den geschlossenen Sargdeckel und bauen ein Sterbebett am Hamburger Hafen auf, damit ein Palliativmediziner herangewunkenen Menschen zeigen kann, auf welche Akupressurpunkte an der Hand man drücken muss, wenn es Sterbenden irgendwo weh tut.

Dazu dudelt im Hintergrund Nenas „Leuchtturm“: „Gib mir die Hand, ich bau dir ein Schloss aus Sand“, und vielleicht hätte es ja doch noch irgendwas zwischen Tabuisierung und Verkalauerung gegeben.

Dann drömmern tatsächlich auch noch “ The Doors“ durch den nächtlichen Hospizflur: „This is the end“ – ach was. Und ein Leichenwagen fährt zu „It’s all over now, baby blue“ vom Bestatterhof. Dazwischen sieht man Hirschhausen, wie er ein Wildkaninchen im Hospizgarten betrachtet. Am Ende spricht er mit einer Frau im Hospiz, die sich freut, zuletzt nur noch schöne Dinge zu machen, das Leben zu genießen. „Warum habe ich mir nicht früher ein Stückchen davon abgeschnitten?“ fragt sie, ohne Vorwurf an sich oder irgendjemanden, eher staunend und gerade dadurch so eindrücklich.

Mehr von solchen Momenten hätten beim Zuschauer womöglich mehr bewirkt als ein munterer Sargprobelieger, der es in der Holzkiste „eigentlich ganz chillig“ findet.

„Hirschhausen im Hospiz“, Montag, 16.09., 20:15 Uhr, ARD

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