Steuerliche Benachteiligung Bierbrauer warnen vor Gefahr für Pfandsystem

Immer mehr Bierhersteller nutzen Flaschen mit eigener Gravur. Das kann die Transportwege verlängern. Eine Änderung in der Besteuerung von Pfandflaschen könnte den Trend noch verstärken – und das Pfandsystem torpedieren.

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Bierflaschen mit Gravur sollen von der steuerlichen Benachteiligung ausgenommen sein

Mittwoch, 04.12.2019  
18:36 Uhr

Deutsche Brauereien, die ihr Bier in gewöhnliche Norm-Pfandflaschen abfüllen, warnen vor einer Gefahr für das Pfandsystem. Eine geplante steuerliche Neubewertung von Leergut könnte laut Brauerbund dazu führen, dass künftig mehr Brauereien auf Pfandflaschen mit individueller Gravur umsteigen. Dann müssten leere Pfandflaschen noch genauer sortiert und immer zur Herstellungsbrauerei zurückgebracht werden.

Mit der steuerlichen Neubewertung will das Bundesfinanzministerium ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2013 umsetzen. Darin ging es zwar um Pfandflaschen mit Mineralwasser, das Urteil soll laut einem Schreiben des Ministeriums an die Finanzämter, das dem SPIEGEL vorliegt, aber auch auf Bier-Pfandflaschen angewendet werden. Zuerst hatten die „FAZ“ und die „Lebensmittelzeitung“ berichtet.

Brauereien sind verpflichtet, ihre Kästen mit Pfandflaschen von den Händlern zurückzunehmen. Für die Auszahlung des Pfands bilden sie Rückstellungen in ihren Bilanzen. Doch die Übertragung des Mineralwasser-Urteils von 2013 auf die Bierbranche könnte bewirken, dass viele Brauereien keine Rückstellungen mehr bilden dürfen. „Das wäre eine fatale Lenkungswirkung. Die Individualisierung und Komplexität im Mehrwertsystem würde dadurch weiter zunehmen“, sagte Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauerbunds.

Verband warnt vor Kosten im zweistelligen Millionenbereich

Künftig könnte die Bildung von Rückstellungen nur noch für Pfandflaschen möglich sein, die eindeutig einer Brauerei zugeordnet werden können, fürchten die Brauereien – also solche Flaschen, in deren Glas die Brauerei ihren Markennamen eingraviert. Bislang setzen die meisten deutschen Brauereien auf gewöhnliche Norm-Pfandflaschen, die von jeder Brauerei verwendet werden können. Leere Flaschen mit Gravur hingegen müssen an den Hersteller zurücktransportiert werden. Das kann zu längeren Transportwegen führen.

Die Übertragung des Urteils auf Bier-Pfandflaschen könnte dazu führen, dass Brauereien ihre Rückstellungen für gewöhnliche Norm-Pfandflaschen auflösen müssen. Der Brauerbund fürchtet, dass deshalb langfristig mehr Brauereien Flaschen mit Gravur einführen, für deren Pfand Rückstellungen weiter erlaubt sein sollen. Dann müsste jeder zurückgegebene Kasten wohl noch genauer auf Flaschen mit oder ohne Gravur geprüft werden.

Außerdem würde durch die Auflösung der Rückstellungen der buchhalterische Gewinn der Unternehmen einmalig steigen, dementsprechend auch die Steuerlast für die Unternehmen. Der Brauerbund rechnet damit, dass den deutschen Brauereien Kosten in zweistelliger Millionenhöhe entstehen. Das hätte gravierende Folgen für einige Unternehmen: „Wir kennen Brauereien, die würden das nicht überleben“, sagte Eichele.

Das Bundesfinanzministerium teilt auf Anfrage mit, es befinde sich „über die Auswirkungen des Urteils mit den Ländern und den Betroffenen im Gespräch“. Neuregelungen zum Flaschen-Pfandsystem seien nicht geplant.

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