Markus Söder und der Frust der Sparer: Der Meister des Populismus – DER SPIEGEL – Politik

Wer ein guter Populist sein will, so heißt es, muss auf die kompliziertesten Fragen die einfachsten Antworten geben. Wenn das stimmt, gibt es in der Republik wohl keinen besseren Vertreter dieser Kunst als den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Seine Meisterschaft im Simplifizieren wird nur noch durch das Tempo übertroffen, mit dem er seine Begabung auf neue Gegenstände zu übertragen versteht.

Vor gut einem Jahr war es noch die „Anti-Abschiebe-Industrie“, der Bayerns Ministerpräsident der Einfachheit halber die Schuld an der Flüchtlingskrise gab. Doch weil die Kampagne gegen Migrantenverbände und Asylanwälte nicht die gewünschten Erfolge an der Wahlurne brachte, hat Bayerns Ministerpräsident rasch einen neuen Lieblingsfeind entdeckt: die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christin Lagarde. Es sei ihre Zinspolitik, so predigt er seit Monaten, die „das Vermögen der Sparer reduziert“. Und weil Söder nicht nur einfach reden, sondern auch schnell handeln kann, hat er seine Leute flugs ein umfangreiches Maßnahmenpaket unter dem Motto „Renditeoffensive gegen Zinsblockade“ schnüren lassen. Das klingt erstens so ähnlich wie die Freiheit-oder-Sozialismus-Parole von Parteiübervater Franz Josef Strauß. Und erinnert zweitens in Umfang und Diktion verdächtig jenem „Masterplan“, mit dem die CSU noch vor Kurzem das Migrationsproblem lösen wollte. In Wahrheit ist es wie in der Medizin: Die beste Therapie nutzt nichts, wenn schon die Diagnose falsch ist.

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