Konflikt in Libyen: Demonstranten besetzen wichtige Ölhäfen – DER SPIEGEL – Politik

Das Treffen soll eine Friedenskonferenz werden, doch in Libyen stehen weiter alle Zeichen auf Krieg: Kurz vor Beginn der lang geplanten Libyen-Konferenz in Berlin haben Anhänger des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar für die Ölproduktion wichtige Häfen blockiert. Die staatliche Ölgesellschaft NOC stoppte den Export aus fünf Häfen im Osten des Landes. Sie gab eine sogenannte Force-Majeure-Erklärung heraus und berief sich damit auf Höhere Gewalt bei Produktionsausfällen.

Die Blockade rief internationale Kritik hervor. Die UN-Unterstützermission für Libyen (UNSMIL) rief am Samstag alle Parteien dazu auf, sich zurückzuhalten, während nach Lösungen für den anhaltenden Konflikt gesucht werde. Bei dem Libyen-Gipfel in Berlin soll ein Weg gefunden werden, den Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Staat zu beenden.Lange Zeit war unklar, ob das Treffen überhaupt stattfinden würde. Schließlich einigten sich die Parteien auf ein Treffen am 19. Januar 2020.Bereits am Freitag hatten Stammesführer aus dem von Haftar kontrollierten Osten Libyens zur Blockade von Ölfeldern und Häfen aufgerufen. Sie werfen der verfeindeten – aber von den UN unterstützten – Regierung in der Hauptstadt Tripolis vor, mit den Einkünften aus dem Ölgeschäft ausländische Kämpfer zu bezahlen.

Ölexporte als wichtigste EinnahmequelleDer Chef der libyschen Ölgesellschaft, Mustafa Sanalla, warnte davor, die Ölproduktion als „Spielkarten zur Lösung politischer Angelegenheiten“ zu benutzen. Auch die UN-Mission warnte vor verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen auf die ohnehin schon desolate Situation im Land.Ölexporte sind die wichtigste Einnahmequelle in dem Bürgerkriegsland. Nach Opec-Angaben lag die Exportmenge bei rund eine Million Barrel Rohöl pro Tag. Die staatliche Ölgesellschaft fürchtet durch die Blockade einen Einbruch von 800.000 Barrel täglich.Schwierige Umsetzung von FriedensmaßnahmenAm Samstag forderte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Europäische Union auf, sich hinter die türkische Militärhilfe für die Regierung in Libyen zu stellen. Unterdessen fordert der Uno-Sondergesandte für das nordafrikanische Land den Abzug aller internationalen Kämpfer.

Der Erfolg des Gipfels hängt zum einen davon ab, ob sich alle Anwesenden auf eine Abschlusserklärung einigen können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass einer der geladenen Staats- oder Regierungschefs in letzter Minute wieder absagt. Die Umsetzung der Friedensmaßnahmen in dem eingefahrenen Konflikt dürfte selbst dann schwierig werden. Experten sehen dafür kaum Chancen.
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