Anbietervergleich Zinsen für Immobilienkredite fallen teils unter 0,5-Prozent-Marke

Immobilienkäufer kommen an so günstige Darlehen wie nie zuvor. Branchenbeobachter spekulieren bereits über Baukredite mit negativen Zinsen.

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Neubaugebiet bei Hannover: In bestimmten Fällen können Zinsen sehr niedrig sein

Montag, 16.09.2019  
10:42 Uhr

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht sich durch weiter fallende Zinsen für Immobilienkäufer bemerkbar. Wer eine Wohnung oder ein Haus per Kredit finanziert, muss seiner Bank in bestimmten Fällen kaum noch Zinsen zahlen.

Laut einer Auswertung des Kreditvermittlers Interhyp sind die Zinsen für Darlehen mit zehnjähriger Bindung bei guter Kreditwürdigkeit unter die 0,5-Prozent-Marke gefallen. Der Finanzdienstleister hat nach eigener Aussage die Konditionen von mehr als 400 Geldhäusern verglichen.

„Kreditnehmer erleben in diesen Wochen eine nie da gewesene Entwicklung“, sagte Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr. Wer eine gute Kreditwürdigkeit habe und Geld für zehn Jahre aufnehme, könne sich teils schon für rund 0,4 Prozent Zins jährlich verschulden.

Auch die FMH-Finanzberatung kommt zu dem Schluss, Immobiliendarlehen seien derzeit so günstig wie nie: Demnach fielen bei einem Kredit mit Laufzeit von zehn Jahren jüngst 0,69 Prozent Zinsen im Schnitt an. Vor drei Wochen waren es noch 0,71 Prozent pro Jahr. Bei sehr viel Eigenkapital und guter Bonität seien auch Spitzen-Angebote von 0,3 Prozent möglich.

Wer kaufen will, sollte vorsichtig sein

Das Problem für Immobilieninteressenten: Gerade in begehrten Lagen ist der Markt für Wohnungs- oder Häuserkäufe bereits leergefegt. Zudem sind oftmals die Kaufpreise sehr hoch. So warnen Verbraucherschützer, Interessenten sollten nicht kaufen, nur weil die Bauzinsen verlockend niedrig seien. Den geringeren Zinsen stünden weit gestiegene Preise gegenüber.

Laut Zahlen des Bundesfinanzministeriums nahmen Privathaushalte 2018 rund 995 Milliarden Euro zur Finanzierung von Wohnungen und Häusern auf.

Diese Entwicklung könnte sich verstärken, weil der Druck auf die Banken weiter steigt. Denn die EZB hat den Strafzins auf Bankeinlagen nochmals verschärft. Bunkern Geldhäuser bei der Notenbank überschüssiges Geld, zahlen sie nun eine Abgabe von 0,5 Prozent. „Die Banken wollen ihr Geld loswerden, weil die EZB ihnen zu teuer wird“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Als eine Lösung bieten sich große Baufinanzierungsvolumen an, die selbst bei niedrigen Zinsen so gut wie ohne Risiko vergeben werden können“. Herbst rechnet deshalb damit, dass die Institute ihre Zinssätze weiter senken.

Gibt es bald Baukredite ohne Zinsen?

Es kommt bereits die Frage auf, ob Banken auch Immobilienkredite mit negativen Zinsen anbieten könnten. Statt Zinsen auf ihr Darlehen zu bezahlen, bekämen Wohnungskäufer bei negativen Bauzinsen einen Rabatt: Sie müssten ihrer Bank nicht die volle Summe des Immobilienkredits zurückzahlen. Bei 200.000 Euro aufgenommener Summe wären es zum Beispiel nur 199.000 Euro. Und die Zinslast auf Tilgungen würde komplett der Vergangenheit angehören.

Die Deutsche Bank teilte auf Anfrage des Portals „Finanz-Szene.de“ mit, sie plane „derzeit nicht, negative Zinsen für Baufinanzierungen einzuführen“. Auch bei der Commerzbank hieß es, dies sei aktuell „nicht vorstellbar“.

Finanzierungsexperten rechnen damit, dass negative Immobilienzinsen nur in Einzelfällen möglich sind. „Es ist möglich, dass die Bauzinsen bis null fallen, aber die Wahrscheinlichkeit negativ verzinster Immobilienkredite für die Masse ist minimal“, sagte Max Herbst von der FMH-Finanzberatung.

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Die Bundesbank hält Negativzinsen auf Immobilienkredite grundsätzlich für denkbar und gibt sich gelassen. Zwar werde mit negativen Bauzinsen die Kreditaufnahme für Kunden attraktiver, sagte Vorstand Joachim Würmeling. „Umso wichtiger ist es, dass Banken Kreditvergabestandards nicht lockern.“ Das sei auf breiter Front noch nicht zu sehen.

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