Neonazis, Islamisten, Gewaltbereite Bundeswehr wies 63 dubiose Bewerber ab

Die Bundeswehr hat seit 2017 Dutzende Anwärter abgewiesen, darunter rechtsextreme Reichsbürger. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer betont, es gebe keinen Generalverdacht gegen Soldaten.

Soldaten in der Grundausbildung

Sonntag, 21.07.2019  
11:32 Uhr

Wegen Sicherheitsbedenken hat die Bundeswehr in den vergangenen zwei Jahren 63 Bewerber abgewiesen. Darunter seien 21 Neonazis und Reichsbürger gewesen; ebenso seien zwölf Islamisten, zwei Linksextremisten sowie mehrere Straftäter entdeckt worden, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf eine Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion.

Bei zwei weiteren Bewerbern werde derzeit eine Mitgliedschaft in der Identitären Bewegung geprüft, hieß es. Diese wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. In sechs Fällen habe sich der Verdacht auf „Ausländerextremismus“ erhärtet.

Insgesamt liegt die Quote der Ablehnungen im Promillebereich. Zwischen Juli 2017 und Juni 2019 kontrollierte der zuständige Militärische Abschirmdienst (MAD) demnach 43.775 Bewerber.

2017 waren mehrere Fälle von Rechtsextremismus und entwürdigenden Ritualen in der Truppe bekanntgeworden. Als Konsequenz hatte das Verteidigungsministerium den MAD eingeschaltet, der seither jeden Bewerber durchleuchtet. Die meisten waren den Angaben zufolge unauffällig. In 1173 Fällen hätten sich die Sicherheitsleute des Militärischen Abschirmdienstes die Bewerber jedoch genauer angeschaut.

Kein Generalverdacht gegen Soldaten

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke äußerte die Vermutung, dass die Sicherheitsüberprüfung eine abschreckende Wirkung auf Neonazis habe. Zugleich kritisierte sie, dass schon länger dienende Soldaten von der Regelprüfung nicht betroffen seien.

„Wie erfolgreich das neue Verfahren ist, wird sich erst in einigen Jahren erweisen“, sagte sie. „Messlatte ist die Frage, ob die Zahl rechtsextremer Vorfälle oder gewalttätiger Kameraden-Misshandlungen in der Bundeswehr zurückgeht.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) betonte, dass es „keinen Generalverdacht“ gegen die Soldaten der Bundeswehr gebe. Diese setzten ihr Leben aufs Spiel, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Dafür hätten sie Vertrauen und Unterstützung verdient. Das bedeute aber nicht, dass man nicht genau hinschaue, wo etwas kritisch aufgearbeitet werden müsse.

Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte der Bundeswehr 2017 ein „Haltungsproblem“, „falsch verstandenen Korpsgeist“ und „Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“ bescheinigt, nachdem die entwürdigenden Rituale in der Truppe bekannt geworden waren. Der Vorwurf hatte damals für große Verärgerung in der Bundeswehr gesorgt. Später hatte sich von der Leyen für ihre pauschale Kritik entschuldigt.

Geheimdienstkontrolleure prüfen Umgang mit rechtsextremen Verdachtsfällen

Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestages wollen unterdessen ihre Ermittlungen zum Umgang der Sicherheitsbehörden mit Rechtsextremismus-Verdachtsfällen ausweiten. Die seit Monaten laufende Untersuchung des Parlamentarischen Kontrollgremiums befasst sich mit „Erkenntnissen und Maßnahmen“ der Geheimdienste zu „möglichen rechtsextremistischen Netzwerken mit Bezügen zur Bundeswehr“.

Ausgangspunkt war der Terrorverdacht gegen den Soldaten Franco A. Trotz zweijähriger Ermittlungen ist es der Bundesanwaltschaft bisher nicht gelungen, den Fall vor Gericht zu bringen. Das Verfahren hatte weitere Fälle womöglich rechtsextremer Soldaten und Polizisten offenbart.

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